«Aus allen Richtungen strömt das Publikum an jenem Sonntag nach Meisterschwanden. Die Dampfschiffgesellschaft und die Wohlen-Meisterschwanden-Bahn leisten Extrafahrten, Pferdewagen und Autos treffen ein, der Velopark wächst stetig an. Die grosse Attraktion: Zwei Wasserflugzeuge der Luftverkehrsgesellschaft Ad Astra Aero, die vor dem Strand beim Delphin unermüdlich zu Passagier-Rundflügen abheben und wieder zurückkehren.» So wird das Spektakel des damaligen Flugtags im Meisterschwandener Dorfheftli beschrieben.

10'000 Zuschauer

Es waren rund 10'000 Zuschauerinnen und Zuschauer, die dem Schauspiel am Hang oberhalb des Seeufers beiwohnten, hielt Dr. Erich Tilgenkamp im Tagebuch der Schweizer Luftfahrt fest. Damit der Flugtag zum «zeitgemässen Volksfest» wurde, wie es der Berichterstatter des im Aargauer Tagblatt ausdrückte, hatten die Verkehrsvereine Meisterschwanden, Fahrwangen und Bünztal-Seetal für ein passendes Rahmenprogramm mit Verpflegung, Musik und Tanzboden gesorgt. 108 Fluggäste wagten sich in die Luft – ein Rekord. Nie zuvor hatte die Ad Astra so viele Passagiere an einem Tag befördert. Einer der beiden Piloten, Henry Pillichody, sollte tags darauf den ersten Passagierflug über die Alpen vornehmen. Es war die Pionierzeit des Luftverkehrs. Pillichody, ein Schüler von Oskar Bider, besass das Brevet Nr. 53, ausgestellt am 13. Mai 1915. Weil es noch an Flugplätzen fehlte, feierten Wasserflugzeuge damals ihre grosse Zeit. Die Swissair-Vorgängergesellschaft Ad Astra träumte vom Linienflugverkehr, kämpfte aber mit der Rentabilität. Mit Flugtagen wie am Hallwilersee wollte sie die Luftfahrt popularisieren und das Vertrauen ins neue Verkehrsmittel stärken, heisst es in den Überlieferungen.

«Aufwärts, himmelwärts»

Dieses Ziel wurde in Meisterschwanden erreicht, wie man einem Bericht des Aargauer Tagblatts entnehmen konnte: «Jeder, der einen Flug hinter sich hatte, entstieg dem metallenen Vogel mit einem inneren Jubel, der sich gar nicht in Worte fassen lässt», schrieb der Reporter damals. «Der Berichterstatter konnte selbst feststellen, wie falsch und ungerechtfertigt jede Ängstlichkeit gegenüber dem Fliegen ist. Er war auf Angstgefühle gefasst; doch nichts von Herzbeklemmung und Schwindelgefühl! Sicher wie in Abrahams Schoss gings in die Lüfte hinauf. Ein kurzer Tanz des Flugzeugs auf dem Wasser, dann sinkt plötzlich der Wasserspiegel. Wir schweben. Aufwärts, himmelwärts!»

Bleibenden Eindruck hinterlassen

Auf der Webseite des Dorfes Meisterschwanden ist zu lesen, dass der Anlass auch in der Bevölkerung einen bleibenden Eindruck hinterliess. Als der Chef des Organisationskomitees, der Wohler Grossrat Albert Furter, wenige Monate später im Alter von 44 Jahren an einer Lungenentzündung starb, wurde er für den Flugtag mit einem Gedenkbrunnen beim Delphin geehrt. Der Flugtag von 1921 sollte am Hallwilersee nicht der letzte gewesen sein, erinnert sich die Gemeinde. Im Lauf der 20er-Jahre folgten weitere. Und am 30. August 1931 kam es nochmals zu einer Grossveranstaltung, nachdem der Termin wetterbedingt zweimal verschoben werden musste. Neben Passagierflügen standen diesmal auch Akrobatik- und Segelflüge, Ballonjagden, Wettschwimmen und der Auftritt einer Fallschirmspringerin auf dem Programm.

1921: Ein Jahr der Flugtage

Der Flugtag am Hallwilersee war nicht die einzige aviatische Veranstaltung in jenem Jahr. Unter anderem wurden 1921 auch Flugtage in Solothurn, Brugg, Servion, Orbe, Balsthal, Hochdorf, Biel, Basel, Mollis und an weiteren Orten durchgeführt – meist von der Ad Astra, aus welcher später die Swissair erwachsen sollte. Das Ziel damals war die Popularisierung des Flugwesens für künftige Passagiere. Und in den folgenden Jahren kam es immer wieder zu Flugtagen, die in der Bevölkerung Begeisterung auslösten.

Vor 90 Jahren: grosser Flugtag in Zürich 

Im Juli 1931, so schrieb Dr. Tilgenkamp in der AeroRevue Nr. 14, war dem Zürcher Flugtag ein voller Erfolg beschieden. Wörtlich: «Der Präsident des Organisationkomitees, Herr Major Rhyner, und seine trefflichen Mitarbeiter dürfen zufrieden auf einen Tag zurückschauen, der sicherlich sehr viel zur weiteren Popularisierung des Flugwesens beigetragen hat und für das grosse Meeting 1932 erfreuliche Perspektiven eröffnet.» 35'000 Zuschauer, eine Autkolonne von 2000 Wagen, glänzende Vorführungen, 2000 Passagiere, Begeisterung und Freude waren das Fazit des Tages, stand in der AeroRevue. Tilgenkamp schrieb weiter: «Den Vogel schoss Farner mit seinem wunderbaren Segelflug entlang den Hallen ab. Vergessen sei nicht die saubere Arbeit unseres Akrobatikflieger Glardon und die fesselnden Vorführungen von A. Comte auf seinem A.C.4. Ente, Autogiro, A.C.8, A.C.3, Fokker, Junkers, Handley-Page, Klemm, Raab, Messcherschmitt, Motte, alles war vertreten und zeigte am tiefblauen Himmel, dass man heute sicher fliegt, und das Fliegen ein Genuss ist.»