Élise Léontine Deroche, 1882 in Paris geboren, war die erste Frau der Welt, die einen Pilotenschein machte, zugleich war sie auch die erste Frau, die einen Alleinflug unternahm. Elise nahm als junge Schauspielerin das Pseudonym «Baronin Raymonde de Laroche» an, ein für sie ein besser geeigneter Name auf der Theaterbühne.

Flugpionier Charles Voisin brachte ihr das Fliegen bei

1909 lernte sie den Flugpionier Charles Voisin kennen, der ihr anbot, ihr auf einer seiner Maschinen das Fliegen beizubringen. Ein abenteuerliches Unterfangen, denn die fragilen Voisin Doppeldecker waren Einsitzer, der Fluglehrer gab von der Start- und Landebahn seine Anweisungen. Bei der ersten Lektion ging es darum, Élise ein Gefühl für die Maschine zu vermitteln und sich mit den kargen Instrumenten vertraut zu machen. Sie nahm Platz, rollte über das Flugfeld und brachte Voisins Maschine in Startposition. Zum Entsetzten der Zuschauer und vor allem des Fluglehrers Charles Voisin, startete sie den Doppeldecker und hob ab. Élise flog ca. 300 Meter in einer Höhe von etwa fünf Metern. Dies galt als der weltweit erste Alleinflug einer Frau.

Von Voisin zur Pilotin ausgebildet, bestand Élise  Deroche am 8. März 1910 als erste Frau der Welt die Pilotenprüfung des Aéro Club de France.

Glück und Tragik liegen eng zusammen

Am Abend dieses denkwürdigen Tages stieg in Reims, im Hotel Lion d’Or, die grosse Feier. Flieger und Konstrukteure, Mechaniker und Flugschüler feierten Élise Deroche, die alle bezauberte. Geistreich, voll neuer Ideen, zeigte sie an diesem Abend, der ganz ihr Abend war, dass sie nicht nur fliegen konnte. Sie tanzte mit Eleganz, sie sang Chansons und unterhielt die begeisterte Gästeschar bis spät in der Nacht. Ihr Mentor Charles Voisin, inzwischen auch ihr Geliebter, erzählte voller Stolz von den aviatischen Episoden der jungen Fliegerin.

Noch im selben Jahr nahm sie als einzige Frau an den Flugtagen von Heliopolis teil und erreichte dort beim Grossen Preis von Ägypten den 6. Platz. Beim Flugmeeting in St. Peterburg wurde sie Vierte. Bei den Flugwochen der «Champagne» in Reims verunglückte sie schwer, als sie in die Wirbelschleppe eines anderen Flugzeugs geriet. Trotz schweren Verletzungen wolle sie das Fliegen nicht aufgeben, bereits zwei Jahre später nahm sie wieder an Flug-Wettkämpfen teil.

Im September 1912 schlug das Schicksal erneut zu, als sie bei einem Autounfall schwer verunglückte, der Fahrer – Charles Voisin – starb. Trotzdem gewann sie 1913 den Frauenpokal des Aéro-Club de France sowie die «Coupe Femina».
Während des Ersten Weltkriegs wurde es still um Élise Deroche. Aber bereits 1918 verbesserte sie den Frauenweltrekord im Dauerflug (323 Kilometer) und 1919 startete sie erneut, um den Höhenweltrekord für Frauen zu brechen.

Der Wille zum Höhenweltrekord

Bei den Startvorbereitungen war auch der brasilianische Flugpionier Alberto Dumont anwesend, der Élise viel Glück für den Flug wünschte und dabei sagte: «Du wirst frieren, es ist verdammt kalt da oben, mach’s gut, und komm mir heil wieder runter.»

«Sie mich an, ich bin vermummt wie ein Eskimo; in dieser dicken Kleidung kann ich nicht einmal am Nordpol frieren!» erwiderte die junge Flugpionierin und verteilte unter die Menge der wartendenden Zeitungsreporter und Anhänger Handküsse. Der Motor wurde angeworfen, die Maschine rollte an, wurde schneller, hob ab und schwebte in die Höhe. Die Frau hinter dem Knüppel sah die Menschen zu Punkten werden. Sie sah auf den Höhenmesser, schon zeigte er 600 Meter an. Rasch ging es höher und höher, es wurde kühler. Erst als die Pilotin 2500 Meter erreicht hatte, spürte die Kühle und begann, wie sie es gewohnt war, zu singen. Sie sang einige ihrer Arien und Lieder, und als sie wieder auf den Höhenmesser blickte, zeigte dieser bereits die 3000 Meter-Marke überschritten. Allmählich fiel alle Sorge von ihr ab: sie würde es schaffen!

Der Pilotin wurde es schwarz vor Augen

Plötzlich schien es etwas dunkler zu werden, ihr Blick fasste den Horizont nur noch als schwarzen Rand, der an den Ecken verschwand. Langsam ging es höher, die Maschine schaffte aber nicht mehr in der dünnen Luft – dann zeigte der Höhenmesser 4500 Meter an. Plötzlich erschien es ihr, als könne sie nicht mehr atmen. Von einer Sekunde zur anderen war es, als schnappten ihre Lungen keine Luft mehr. Und mit einem Mal – in der allerletzten Sekunde – erinnerte sich Élise an Professor Guy de la Mogue der ihr einmal sagte: «Wenn es Ihnen da oben so ist wie nach dem vierten Glas Champagner, dass ist Gefahr im Verzug, dann müssen sie runter, sonst bringt die Luftverdünnung Sie um!»

Sie blickte auf den Höhenmesser, sah die Zahl 4800 und dann drehte sie ab und liess den «Vogel» sinken. Sie zog weite Kreise, von unten sah es aus, als torkelte dort hoch oben, wie ein kleines Insekt, ein Betrunkener mit seiner Maschine herum. Plötzlich wurde ihr schwarz vor den Augen, die Maschine trudelte in die Tiefe. Ein vielstimmiger Schrei des Entsetzens hallte über das Flugfeld. In 1000 Meter gelang es Élise Deroche, ihre Maschine abzufangen und zu landen. Man holte sie aus dem Cockpit und brachte sie im Triumphzug zur wartenden Menge.

Das Ende

Élise Deroche hatte es geschafft – in allen Zeitungen stand ihr Bild, schön war sie, jung und glücklich. Sie hatte einen Weltrekord aufgestellt, der noch lange Zeit nach dem Ersten Weltkrieg hielt und von dem auch Männer nur zu träumen wagten.

Am 18. Juli 1919 meldete sie sich in Le Crotoy (Picardie) als Copilotin für einen Testflug eines Prototyps des Herstellers Caudron. Der Pilot Barrault verlor die Kontrolle über die Maschine; beim Absturz starben beide. Eine Statue auf dem Flughafen Le Bourget erinnert an Élise Deroche.