Das Schweizer Bundesgericht spricht im letzten hängigen Strafverfahren im Zusammenhang mit einem glimpflich abgelaufenen Vorfall einen Freispruch aus. In einer Mitteilung nimmt der Schweizer Verband der Flugverkehrsleiter Helvetica das Urteil des Schweizer Bundesgerichts vom 29. Juni 2022 mit Genugtuung zur Kenntnis. Im Verfahren ging es um einen zehn Jahre zurückliegenden Vorfall am Flughafen Zürich, nämlich um eine Annäherung zweier Flugzeuge am Pistenkreuz. Nach der Verurteilung des wegen fahrlässiger Störung des öffentlichen Verkehrs angeklagten Flugverkehrsleiters durch das Bezirksgericht Bülach hatte das Obergericht des Kantons Zürich den Mann in zweiter Instanz freigesprochen. Das Bundesgericht bestätigt nun das Urteil des Obergerichts.
Seit Jahren keine Anklage mehr
Der Flugverkehrsleiter hatte korrigierend in das Geschehen eingegriffen, bevor eine Gefährdung konkrete Gestalt annehmen konnte. Eine erhöhte abstrakte Gefährdung ist für das Gericht in diesem Fall ebenso irrelevant wie hypothetische Geschehensabläufe oder die Frage, ob ein Zufall oder das Verhalten der Beteiligten Schlimmeres verhindert habe. Nach dem Dafürhalten von HelvetiCA ist die Argumentation interessant; die Haltung dahinter scheint sich von früheren Urteilen zu unterscheiden. Auch ist es nach mehreren Verfahren gegen Flugverkehrsleiter im Zusammenhang mit glimpflich abgelaufenen Vorfällen seit Jahren nicht mehr zu einer Anklage gekommen. Ob man von einem Umdenken im Schweizer Rechtswesen sprechen kann, bleibt zu hoffen.
«Just Culture» im Gesetz verankern
Sicher ist, dass der aktuell in Ausarbeitung befindliche Vorschlag, wie das Prinzip der «Just Culture» im Schweizer Recht verankert werden kann, zu einer grundlegenden Veränderung führen dürfte. Künftig sollen Mitarbeitende in hochsicherheitsrelevanten Bereichen (Aviatik, Gesundheitswesen usw.) einen Vorfall, bei dem kein grober Verstoss vorliegt, melden können, ohne dass sie juristische Konsequenzen zu befürchten haben. Wie die Erfahrung in anderen Staaten zeigt, wird dies einen positiven Einfluss auf die Sicherheit haben. HelvetiCA unterstützt dieses Prinzip seit Jahren und arbeitet auf dessen Umsetzung hin.