Schon vor über einem Jahr wollte der brasilianische Flugzeughersteller Embraer seinen Experimentalträger, ein umgebautes Agrarflugzeug vom Typ EMB 203 Ipanema in die Luft bringen. Doch erst jetzt meldete das Unternehmen den erfolgreichen Erstflug des «EMB-203 Ipanema Electric Demonstrator». Bereits fanden weitere Flüge des Elektroflugzeug-Demonstrators von Embraer am Werksflugplatz des Flugzeugherstellers in Gavião Peixoto in der Nähe von São Paulo, Brasilien, statt.

Der erfolgreiche brasilianische Flugzeughersteller hat mit der ausgelagerten Firma EmbaerX weittragende Dinge vor. Unter anderem arbeitet man dort auch an der Entwicklung eines eVTOL. Zudem ist das brasilianische Militär an einem STOL-Transporter (STOUT) mit Elektronantrieb interessiert, der als Hybridflugzeug ausgelegt sein wird und unter anderem auch verteilte Antriebe erhalten soll (blown-fift).

EMB 200-Serie seit 1970 im Einsatz

Die als Sprühflugzeug konstruierte EMB 200 flog bereits 1970. Eine später verbesserte Serienversion unter der Typbezeichnung EMB 202 wurde auf die Verwendung von Ethanol umgestellt und 2004 zugelassen. Die einmotorige Maschine mit festem Fahrwerk hat dazu einen Lycoming IO-540-K1J5, der für Ethanol-Betrieb mit 240 kW ausgestattet ist. Im November 2015 kam die Variante EMB 203 mit ethanolbetriebenem 320-PS-Lycoming-Motor auf den Markt.

Reduktion von Emissionen

Für Embraer war es naheliegend war für die ersten «Gehversuche» mit einem Elektroantrieb auf das zunächst kleinste Flugzeugmuster aus eigenem Hause zurückzugreifen. Die Ipanema zeichnet sich durch ihre Leichtmetallbauweise mit einer besonders hohen Zuladung von 950 Kilo aus, was bei der Umstellung auf reinen Batterieantrieb von hohem Nutzen ist. Der einsitzige Kurzstarter ist so ausgestattet, dass er zwar den üblicherweise sehr leichten Elektromotor aufnehmen kann, doch auch genügend Reserven für die Batterien hat. Embraer unterhält nebenbei kontinuierlich ein technologisches Forschungsprogramm, um die Leistungen seiner Flugzeuge zu verbessern, den Treibstoffverbrauch zu und damit die Emissionen zu reduzieren. Dazu gehören auch neuartige Antriebssysteme.

Ergebnisse fliessen auch in eVTOL-Projekt

Die 2019 begonnene elektrische Luftfahrtforschung ist ein integraler Bestandteil der technischen Exploration zur Entwicklung einer neuen Flugzeuggeneration, die den Übergang zu CO2-Emissionsfreiheit in der Zukunft ermöglichen soll. «Der Erstflug eines Flugzeugs ist immer ein wichtiger Meilenstein und der Start unseres ersten emissionsfreien Elektroflugzeugs ist auch ein wichtiger Beitrag unserer Teams und Partner zur Energiewende in der Branche. Wir sind bestrebt, Lösungen zu finden, die eine nachhaltigere Zukunft der Luftfahrt ermöglichen und Innovation wird auf diesem Weg eine Schlüsselrolle spielen», sagte Luis Carlos Affonso, Vizepräsident für Technik und Entwicklung bei Embraer. Genauere Angaben über den Demonstrator wurden noch nicht gemacht. Man liess aber wissen, dass die Ergebnisse auch in das Projekt des eVTOL EVE fliessen werden.

Validierung von Simulationen

Bei den ersten Testflügen wurden Leistung, Kontrolle, Wärmemanagement und Betriebssicherheit bewertet, wie Embraer betont. Ziel des Testflugprogramms ist die Validierung von Ergebnissen aus Computersimulationen, Labortests und der Bodenintegration der Technologie, die schon seit der zweiten Jahreshälfte 2019 durchgeführt wurden. Das im Erprobungsträger EMB 203 Ipanema installierte elektrische Antriebssystem stammt vom brasilianischen Motorspezialisten WEG Equipamentos Elétricos, die auch den Inverter und das Motormanagement-System beisteuerten. Das brasilianische Elektrizitätsversorgungsunternehmen EDP hat den Akkusatz bezahlt. Details dazu sind nicht bekannt. EDP ist eigentlich ein portugiesischer multinationaler Energiekonzern EDP, der sich um die Forschung im Bereich der elektrischen Flugzeugtechnologie interessiert, um Energiespeicher- und Batterieladetechnologien für zukünftige Elektro- und Hybridflugzeuge bereitstellen zu können.