Noch ist die mögliche Unfallursache für den tragischen Zusammenstoss einer Piper PA-28 aus Basel mit einem deutschen Rettungshelikoper Mitte Januar nahe dem deutschen Flugplatz Speyer, der vier Piloten das Leben kostete, unklar. Erfahrungsgemäss wird es auch etwa ein Jahr dauern, bis die Spezialisten der deutschen Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen (BfU) ein Ergebnis präsentieren oder zumindest den genauen Hergang des Unglücks rekonstruieren können. Die Kollision lenkt den Blick auch auf Fallschirm-Rettungssysteme, die mittlerweile in viele Flugzeuge eingebaut werden. Diese können oft zumindest die Folgen eines Unfalls für Pilot und Passagiere mindern.
Rettungssysteme werden immer populärer
So war es auch ein tragischer Unfall in der Region Basel, der in der Schweiz den Fokus der Öffentlichkeit auf derartige Rettungssysteme richtete. Im August 2015 stiessen bei einer Vorführung der deutschen Dreier-Formation «Grasshoppers» im Rahmen der Dittinger Flugtage zwei der Maschinen zusammen. Es handelte sich um Ultraleichtflugzeuge vom Typ Ikarus C-42. Einem der Piloten gelang es, nach der Kollision sein Rettungssystem auszulösen. Die Maschine schwebte am Schirm in den Garten eines Gebäudes, der Pilot blieb unverletzt. Ein Glück, das dem anderen Flugzeugführer nicht beschieden war: Er stürzte ab und verlor sein Leben.
Seit ihrer Einführung in den 1980erjahren sind diese Rettungsgeräte immer populärer geworden. So haben sie vor allem in Ecolights, aber auch in Einmotorigen bis zwei Tonnen Abflugmasse bis Jahresbeginn 2018 bereits mehrere hundert Menschen vor Verletzungen oder dem Tod bewahrt. Insgesamt haben Fallschirm-Systeme des US-Herstellers BRS bis Januar 2018 bereits 374 Menschen – vor allem in Ecolights – weltweit gerettet. In dieser Zahl enthalten sind auch mehr als 140 Personen, die in den von BRS ebenfalls ausgerüsteten Cirrus-Modellen dem System ihr Leben zu verdanken haben. Der tschechische Hersteller Galaxy zählt mindestens 92 Rettungen von Piloten durch seine Fallschirm-Systeme. Dazu kommen weitere Fälle durch Hersteller wie Junkers Profly oder die tschechische Firma USH.
Vielfältige Gründe für Auslösung der Rettungssysteme
Mögliche Gründe für den Piloten oder einen Passagier, das Rettungssystem auszulösen, sind vielfältig. Es kamen schon Herzinfarkte oder Bewusstlosigkeit beim Piloten vor, Kollisionen mit anderen Flugzeugen, Vögeln oder auch Schleppseilen von Segelflugzeugen, ungewollter Einflug in IMC, Triebwerksausfall über unlandbarem Gebiet oder Wasser, extreme Turbulenz, Feuer, Strukturversagen oder andere technische Mängel.
So half einem Piloten im August 2011 an einem Flugplatz bei München das Rettungsgerät quasi in letzter Sekunde. Sein Motor fing an zu brennen. Er löste in geringer Höhe das System aus und prallte wenige Sekunden später am Schirm hängend in eine Kiesgrube. Es gelang ihm, sich aus dem Wrack zu befreien, das komplett ausbrannte.
Auch ein spektakulärer Unfall über Köln nahm ein eher glimpfliches Ende. Im August 2008 flog der Pilot einer B+F Technik FK14 dort ungewollt plötzlich in IMC und verlor daraufhin die Kontrolle über seinen Tiefdecker. Er löste das Rettungssystem aus. Die FK14 schwebte am Fallschirm hängend in den Garten eines Hauses. Der Pilot überlebte leicht verletzt einen Unfall, der ohne Rettungssystem tödlich ausgegangen wäre.
Der in einem Youtube-Video dokumentierte Absturz einer Rans S-7 in Argentinien wäre ohne das System ebenfalls nicht überlebbar gewesen. Während eines Kunstflugprogramms bricht durch Überlastung eine Fläche der S-7 ab. Geistesgegenwärtig löst der Pilot sofort das Rettungsgerät aus. Die Maschine taumelt mit nur noch einer Fläche am Schirm hängend auf den Boden. Ihr Pilot wird nur leicht verletzt.
Selbst eine aussergewöhnliche Fallschirmlandung im Doppelpack kam schon vor: Im September 2015 kollidieren ein Ultraleichtflugzeug Roland Aircraft Z 602 XL und ein Segelflugzeug Schleicher Ka 8B im Landeanflug auf den deutschen Flugplatz Koblenz-Winningen. Der Pilot des Leichtflugzeugs reagiert sofort und löst das Rettungsgerät aus. Beide Flugzeuge landen ineinander verkeilt am Rettungsschirm. Alle drei Insassen überstehen den Crash mit leichten Blessuren.
Erfolgreich, aber mit Konstruktions-Grenzen
Allerdings gibt es auch tödlich verlaufende Unfälle, weil das System nicht funktioniert wie geplant. So gerät etwa in Ostdeutschland ein Ultraleichtflugzeug vom Typ FA 01 Smaragd des Herstellers Fläming Air am 2. Mai 2005 bei einem Flug in vermutlich geringer Höhe in eine Vrille. Die Piloten lösen das Rettungssystem aus. Die Rakete kann den Schirm aber nicht herausziehen, weil ihre Einbauposition ungünstig gewählt ist und sie deshalb die eigentliche Sollbruchstelle im Rumpf nicht wie vorgesehen rasch durchstossen kann. Der Schirm öffnet sich nicht. Beide Piloten sterben. Unklar bleibt, ob die Auslösehöhe nicht ohnehin schon zu gering für eine erfolgversprechende Rettung war.
Renommierte Hersteller testen daher mit scharfen Ausschüssen, etwa mit Hilfe von auf Autoanhängern angebrachten Rümpfen, ob das System wie geplant und auch bei höheren Geschwindigkeiten funktioniert. Fallschirm-Rettungssysteme haben allerdings konstruktive Grenzen. Für sehr schnelle oder schwere Flugzeuge sind sie bisher nicht geeignet, da die vom Schirm oder der Zellenstruktur auszuhaltenden Kräfte trotz der Verwendung von die Entfaltung verzögernden «Slidern» sonst zu gross wären.







