Seit Beginn der Corona-Krise parkiert die Lufthansa in Teruel alle ihre Airbus A340 und die Air France ihre Airbus A380-Flotte. Das Fluggelände ist voll mit grossen und kleinen Jets von Airlines aus Europa und Übersee. Das bleibt so, bis der Flugbetrieb weltweit wieder aufgenommen werden kann. Heute stehen auf dem Tarmac über 90 Maschinen in Reih und Glied. Die Kapazität würde für 125 Jets reichen.

Keine Frage, wenn es in der Corona-Krise der Luftverkehrs-Branche einen Gewinner gibt, dann ist es der Aeropuerto de Teruel. Die klimatischen Bedingungen für das Parking sind ideal, denn das Klima ist trocken, halbwüstenartig mit über 250 Sonnentagen. Kunden aus 40 Ländern ist dies nicht entgangen, sie kennen den Flughafen und dessen Dienstleistungen schon länger unter dem Namen «Plata» – Plataforma Aeroportuaria de Teruel.

Geschichtsträchtiger Ort

Als der Autor dieses Artikels in den 90er-Jahren in einer Spanischen Sprachschule in Valencia während der Trimester Ferien durch Los den Auftrag erhielt, die Stadt Teruel zu besuchen und über seine Eindrücke zu berichten, herrschte keine eitle Freunde. Andere Studenten hielten attraktivere Zuschläge für Alicante, Denia, Marbella oder aufblühende Orte an der Costa Blanca mit Sandstränden. Doch die Visite im kühleren Norden Valencias beeindruckte tief, denn die Gegend um Teruel zeigte historische Höhepunkte in den Zeiten der Iberer und Römer. Im 8. Jahrhundert drangen die arabisch-maurischen Heere bis weit in den Norden der Iberischen Halbinsel vor. Wahrscheinlich unter König Alfonso II. wurde die Region im Jahr 1171 christlich. Für seine Teilnahme an mehreren Kriegen zwischen den Königreichen Kastilien und Aragón erhielt Teruel im Jahr 1347 die Stadtrechte.

Schmerzlich verbleiben die Gespräche mit den älteren Bewohnern, die unter Tränen über die schrecklichen Zeiten während des Spanischen Bürgerkrieges berichteten, als deutsche Kampfflugzeuge der Legion Condor Städte und Dörfer verwüsteten, Teruel war oft Ziel von Angriffen aus der Luft. Sinnlose Flächen-Bombardierungen töteten Menschen und zerstörten Infrastrukturen. «Wir hatten weder Wasser noch Strom, auch keine Lebensmittel», erzählten einige Dorfbewohner. Und auch nach dem Sieg der Franco Armee hörte das Töten im Ort nicht auf, was Urkunden im Ortsmuseum beweisen.

Legion Condor (Deutsche Luftwaffe) setzte erstmals die Ju-87 über Teruel ein

Während Teruel heftig umkämpft war (Schlacht von Teruel), traten aus Barcelona herangeführte Internationale Brigaden, darunter auch Schweizer, verstärkt in die Kämpfe ein. Die Stadt wechselte mehrfach den Besitzer, wobei die Franco-Truppen sie dann praktisch vollständig zerstörten. In der Schlacht von Teruel setzte die Legion Condor erstmal das Sturzkampfflugzeug Ju-87 ein, mit verheerenden Folgen. Nach der endgültigen Eroberung am 22. Februar 1938 durch Francos Truppen, nutzte die Legion Condor auch den nördlich in Caudé gelegenen Flugplatz als Stützpunkt.

Mit dem Abschlussbericht «Teruel, mon Amour», erntete der Berichterstatter Anerkennung von den Studenten, die Lehrerschaft hielt sich verhalten, denn die Franco Zeit war vor 30 Jahren noch nicht ganz verarbeitet.

Teruel wurde zum Flughafen ohne Passagiere

Nach dem Bürgerkrieg unterhielt die Spanische Luftwaffe die Base Aérea de Caudé jahrzehntelang nicht zuletzt wegen ausgezeichneter meteorologischer Bedingungen und geringem Flugverkehr als Schiessplatz. Im März 2009 begann der Bau des heutigen Flughafens an der Stelle der ehemaligen Militärbasis. Die staatliche Flugsicherheitsbehörde AESA erteilte Anfang Februar 2013 die Betriebsgenehmigung. Eigentümer sind zu 60 Prozent die Landesregierung von Aragon und zu 40 Prozent die Stadt Teruel.

Angesichts der Corona-Epidemie herrscht auf fast allen spanischen Flughäfen Stille. Nicht so auf dem einen Provinzflughafen, 160 Km nordwestlich von Valencia – Teruel. Der Airport ist eine Ausnahmeerscheinung unter den Provinzflughäfen Spaniens. Während in Castellón oder Ciudad Real der Grössenwahn von Regionalpolitikern Pate stand und die Projekte dann zum Millionengrab wurden, gab es in dem 36’000 Einwohner Städtchen von Anfang an eine klare Geschäftsidee: «Wir bauen einen Flughafen ohne Passagiere!», sagte der Bürgermeister.

Recycling, Wartung, Reparatur

Wichtigste Einnahmequelle für den Flughafen ist die Firma Tarmac Aerosave, ein Unternehmen, das von Airbus, Safran (Hersteller von Flugzeugturbinen), sowie von dem Wasser- und Recycling-Unternehmen Suez gegründet wurde. Tarmac Aerosave ist spezialisiert auf das Recycling von ausgedienten Flugzeugen, deren Lebensdauer nach 15 bis 25 Jahren abgelaufen ist. Darunter sind auch Jets, die einfach nicht mehr gebraucht werden. 400 Mitarbeiter zerlegen die Flugzeuge in ihre Einzelteile. Etwa 95 Prozent des Materials gelangt in die Wiederverwertung, wobei das Meiste an die Hersteller zurückgeht. Anderes wird gelagert oder als Ersatzteil verwendet.

Diese Kreislauf-Bewirtschaftung wird für Tamac Aerosave immer wichtiger, denn in den nächsten Jahren werde ungefähr 15’000 ausgediente Maschinen zu zerlegen sein. Ein weiteres Standbein des Unternehmens sind Pflege, Wartung und Reparatur von Flugzeugen. Schon vor der Corona-Krise befanden sich in Teruel geparkte Maschinen, die sorgsam gewartet und flugbereit gehalten wurden – gute Gelegenheiten für Leasing-Firmen, welche die Jets an Fluggesellschaften vermittelten, die kurzfristig einen Mehrbedarf an Passagiermaschinen benötigten.

Geplanter Ausbau

Die Geschäfte laufen so gut, dass der Flughafen längst Erweiterungspläne umsetzen möchte. So soll die Stellfläche für Flugzeuge um 37’000 Quadratmeter vergrössert werden. Auch ist ein neuer Hangar geplant, der zwei A380 aufnehmen können soll.

Teruel spielt auch in der Raumfahrttechnik eine Rolle. So testet das spanische Unternehmen PLD Space seine Raketenmotoren auf dem Gelände. Ferner nutzen der Dronen-Hersteller Delta die perfekte Infrastruktur und Airbus das Gelände für Testläufe neuer Triebwerke.