Toni Di Fonzo ist einer der 15 Marshaller (drei von ihnen sind Frauen) am Flughafen Zürich. Soeben erhält er von der Apron Control den Auftrag, eine Global Express nach der Landung abzuholen und auf seinen Standplatz zu geleiten. Besonders während des WEF gibt es viele Piloten, die das erste Mal in Zürich sind. Da macht es Sinn, einen Marshaller zu verlangen, der sie sicher dorthin bringt.

Von früh bis spät

Manchmal fahren die Marshaller aber auch ungefragt zu einem Flugzeug und begleiten es. Dies geschieht beispielsweise, wenn festgestellt wird, dass sich ein Pilot auf den Rollwegen unsicher fortbewegt. Toni Di Fonzo freut sich über alle Sondereinsätze und den manchmal auch stressigen Betrieb während des WEF. Jeder Marshaller erhält zu seinem eigentlichen Job Zusatzaufgaben, er erstellt in seiner Funktion als Supervisor die ganzen Einsatzpläne. Gearbeitet wird das ganze Jahr in drei Schichten. Die früheste beginnt um 5:15 Uhr, die späteste endet kurz nach 23:30 Uhr. Während des WEF hat sich Di Fonzo selbst die maximal erlaubte Anzahl Arbeitseinsätze eingetragen, weil er seine Arbeit so schätzt.

Einteilung in Zonen

Der Flughafen ist in mehrere Zonen eingeteilt. So gibt es einen Marshaller im Norden und einen im Süden (Grenze ist die Piste 10/28), sowie zwei Personen im General Aviation Center (GAC), welche das Büro betreuen und Flugzeuge im Sektor G hangarieren oder für einen Flug bereitstellen. Im Westen ist ein weiterer Marshaller für die Whisky-Standplätze zuständig. Neben «Langzeitparkern» werden dort die meisten Flugzeuge von völkerrechtlich geschützten Personen abgestellt. 

Wegen der vielen Landungen ist der Norden besonders am Morgen sehr arbeitsintensiv. Dazu muss der Marshaller im Norden auch die Begleitfahrten für Flugzeuge übernehmen, die vom Terminal E beispielsweise in die Werft gebracht werden. Diese müssen die Piste 28 überqueren. Dementsprechend wenig Arbeit hat der Süd-Marshaller in dieser Zeit, so dass er jederzeit andernorts aushelfen kann.

Vielfalt am Funk

Die Marshaller haben vier Funksysteme im Fahrzeug. Funk Nord, Funk Süd, Blau 1 (die Verbindung zum Tower) und der Flugfunk laufen gleichzeitig. Aus dieser Vielfalt den Apron herauszuhören, ist für Di Fonzo mit seiner Erfahrung kein Problem. «Marshaller Standplatz Alpha 13, Dockleitsystem ausgefallen». Di Fonzo fährt eilig zum besagten Standplatz, weil der ankommende Airliner ohne dieses Dockleitsystem nicht am Terminal parkieren kann.

Blockierte Sensoren

Kaum angekommen, taucht der A330 auf und Di Fonzo winkt das Flugzeug händisch perfekt auf die gewünschte Position. Wie sich herausstellt, ist aber nicht das System defekt. Ein Zulieferlastwagen hat am falschen Ort parkiert und die Sensoren für die Flugzeugerkennung unterbrochen. Momentan erneuert der Flughafen das komplette Dockleitsystem. Dies hat den Vorteil, dass auch alle Embraer E2 selbstständig andocken können. Bis jetzt musste dieser Flugzeugtyp immer von einem Marshaller betreut werden, da das System diese Maschinen nicht erkannt hat. 

Sehr viel Arbeit haben die beiden Marshaller im Büro, wo Flugpläne eingegeben, Mails bearbeitet, die Ramp-Sheets überprüft und zahlreiche Telefonate erledigt werden müssen. Kein Flugzeug verlässt den Standplatz, ohne dass alle Informationen wie Registrierung, Gewicht, Triebwerkstyp, Anzahl Passagiere etc. eingetragen sind, denn diese sind für die zu bezahlenden Gebühren relevant.

Plus 100 während dem WEF

Der grösste Unterschied zu den normalen Arbeitseinsätzen sind die besonderen Flugzeuge und die Anzahl der Flugbewegungen. «Wir haben täglich rund 100 Flugbewegungen mehr», erklärt Di Fonzo. Das Positionieren von Helikoptern ist ebenfalls etwas, das fast nur während des WEFs vorkommt. Wenn, wie beim Besuch von Selenski, sechs Super Pumas der Schweizer Luftwaffe gleichzeitig möglichst nahe am Regierungsflugzeug positioniert werden sollen, braucht das eine minutiöse Planung. Im Vorfeld muss der Platzbedarf eruiert und die Standplätze bestimmt werden. Sind die Luftfahrzeuge mit den speziellen Gästen eingetroffen, erfordert dies von den Beteiligten höchste Konzentration.

Über Pisten und Rollwege

Besondere Flugzeugtypen am WEF erfordern auch besondere Abläufe. So können Code F Flugzeuge, das sind Typen mit einer Flügelspannweite über 65 m (beispielsweise A380, B747-800), nur im Norden über die Rollwege fahren. Bestes Beispiel war dieses Jahr die B747-800 mit der chinesischen WEF-Delegation an Bord. Der Pilot wollte unbedingt auf Piste 14 landen, obschon er nachher auf einen Whisky-Standplatz musste und mit einer Landung auf Piste 16 direkt vor Ort gewesen wäre. Mit leuchtenden Augen erzählt Di Fonzo, wie er bei diesem Spezialeinsatz den Jumbo nach der Landung an der Piste 14 abgeholt hat. «Wir mussten über Rollweg Hotel 2 raus, ums Dock E und via Rollweg Charlie anschliessend die Pisten 28 und 16 kreuzen, um dann den Whisky Standplatz zu erreichen.» Das nächste WEF und auch jeder weitere normale Flugtag mag kommen, Toni Di Fonzo und seine Marshallerkollegen und -kolleginnen am Flughafen Zürich sind für jeden auch noch so komplexen Einsatz parat.