Der Bedarf nach einer realistischen und kostengünstigen Zieldarstellung im Bereich der Flugabwehr führte schon Mitte der 1930er-Jahre zum Einsatz von unbemannten Flugzeugen. Vor dem Zweiten Weltkrieg führte England die D.H82 Queen Bee ein, Deutschland die Argus AS292. Die Queen Bee wurde aus der bemannten DH Tiger Moth abgeleitet und war – mit mehr als 400 Stück im Einsatz – sehr erfolgreich. Während des Kriegs begann die amerikanische Radioplane Company mit der industriellen Fertigung ihrer OQ-Drohnenfamilie; mit mehr als 10'000 gelieferten Drohnen ein Grosserfolg.         

Internationales Interesse an Schweizer OE250-Lenkwaffe

Die Entwicklung der OE250-Flugabwehrlenkwaffe, als privatwirtschaftliches Projekt der Schweizer Industrie lanciert, erzeugte international grosses Interesse und führte dazu, dass die Amerikaner zu einer Testkampagne nach New Mexico einluden. Diese Versuche wurden zwischen Juli 1953 und April 1954 durchgeführt und mit 20 Drohnenflügen einer Radioplane OQ-19B unterstützt. Beim letzten Testschuss (Flug Nr. 29) flog die OE250 nahe an der Zieldrohne vorbei. Obschon die US-Armee auf eine weitere Einführung der OE250 verzichtete, wurde die Entwicklung von der Schweizer Industrie vorangetrieben. Schliesslich konnte 1959 mit der Schweizer Regierung ein Entwicklungsvertrag (Kriens-Vertrag) abgeschlossen werden. Ziel war die Entwicklung einer Feststoff-Flugabwehrlenkwaffe mittlerer Reichweite, aber mit grosser Einsatzhöhe. 

Testflüge über dem Neuenburgersee

Um das ambitionierte Entwicklungsziel schnellstmöglich zu erreichen, wurden bei Beechcraft zehn KDB-1-Drohnen bestellt. Diese sollten primär auf dem Schiessplatz Salto di Quirra auf Sardinien zum Einsatz kommen. Auf Wunsch der schweizerischen Kriegstechnischen Abteilung (KTA) sollte aber auch abgeklärt werden, ob und wie Drohnen in der Schweiz für verschie-dene Funktionen eingesetzt werden könnten, darunter die Verwendung als Flab-Ziel oder als Aufklärer. 

Am 21. Februar begann die eigentliche Testkampagne. Es folgten drei Flüge bei Tag und zwei bei Nacht. Gestartet wurde bei Forel FR; die Drohnen wurden per Fallschirm im See rekuperiert. Der erste Flug erfolgte ohne Kamera, alle weiteren mit. Dabei wurden zwei verschiedene Kamera-Ausrüstungen mit Zeit- und Fernauslösung erprobt; für den Nachtflug konnten sechs Blitzlichtpatronen aus der Drohne ausgestossen werden.   

Schweiz wegweisend bei der Entwicklung ziviler UAV

Trotz der sehr umfangreichen Sicherheitsmassnahmen und des grossen Aufwands ist auf den Filmaufnahmen der Versuche in Forel eine gewisse erfrischende Unbekümmertheit im Umgang mit den Drohnen zu erkennen. Es ist bemerkenswert und erfreulich, dass die ersten umfangreichen Drohnenversuche in der Schweiz so gut dokumentiert wurden.

Heute gilt die Schweiz als wegweisend in der Entwicklung und Nutzung von UAV im zivilen Alltag und viele Start-ups überraschen mit neuen und kreativen Produkten. Die Pioniere von damals haben mit begrenzten technischen Mitteln, aber viel Tatkraft und Begeisterung ihren Teil zu diesem Erfolg beigetragen.

Dies ist ein Auszug aus dem Artikel «Frühe Drohnenversuche in der Schweiz» von Dr. Moritz Vischer. Der ganze Beitrag ist in der nächsten gedruckten Ausgabe 4/22 von «Cockpit» nachzulesen (erscheint ab dem 14. April). Verpassen Sie keine Ausgabe und bestellen Sie noch heute ein Abo. Einzelne Ausgaben können unter diesem Link bestellt werden.