Der Unfall einer Ju-Air-Maschine im Sommer 2018 hat die Schweizer Luftfahrt erschüttert. Nun hat das BAZL die Risiken von Passagierflügen mit Oldtimern neu beurteilt und ist zum Schluss gekommen, dass ein kommerzieller Weiterbetrieb mit historischen Luftfahrzeugen die heutigen Sicherheitsanforderungen nicht mehr erfüllt. Dieser Entscheid wird laut BAZL auch durch Fakten aus der laufenden Unfalluntersuchung durch die SUST gestützt. Zusätzlich werde sich die europäische Gesetzgebung für Oldtimer ab Mitte 2019 ändern und einen kommerziellen Betrieb nicht mehr zulassen. In Deutschland unterstützt die Lufthansa kommerzielle Passagierflüge mit ihrer eigenen Ju 52 ebenfalls nicht mehr. Bei der Gründung der Ju-Air vor über 35 Jahren erteilte das BAZL drei aus Schweizer Militärbeständen stammenden Oldtimern des Typs Junkers Ju 52 eine Betriebsbewilligung für kommerzielle Passagierflüge. Dabei wurden damals mehrere Ausnahmen für eine nationale Regelung gewährt. 

Im privaten Rahmen weiterhin möglich

Hingegen soll ein Betrieb im privaten Rahmen und unter nationalen Auflagen weiterhin möglich sein, wie das BAZL mitteilt. Im Rahmen einer Vereinslösung sollen Vereinsmitglieder, die den Erlebnisflug suchen und ein Interesse am Weiterbetrieb historischer Flugzeuge haben, weiterhin mitgeführt werden können. Die Passagiere müssen seit mindestens 30 Tagen Vereinsmitglieder sein und über die höheren Risiken aufgeklärt sein, die bei historischen Flugzeugen im Vergleich zu modernen Passagierflugzeugen bestehen.  

Technisch und operationell höhere Anforderungen

Da Flugzeuge wie die Junkers Ju 52 eine grössere Zahl von Passagieren befördern können, müssen sie technisch und operationell höhere Anforderungen erfüllen als kleinere Oldtimerflugzeuge, hält das BAZL weiter fest. Erschwerend komme bei den Ju 52 hinzu, dass es keinen Hersteller mehr gibt, der für die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit verantwortlich ist. Das BAZL sei wie andere nationalen Aufsichtsbehörden schon aus Ressourcengründen nicht in der Lage, diese Aufgabe zu übernehmen. Die privaten Betreiber von grossen Oldtimerflugzeugen müssen sich daher entweder selbst dieses Fachwissen aneignen oder diese Aufgabe an einen externen Betrieb delegieren.

Ju 52 bleiben weiterhin am Boden – Ju-Air investiert weiter

Da die Ju-Air die die vom BAZL geforderten technischen Massnahmen noch nicht vollständig erfüllen kann, bleiben ihre Oldtimerflugzeuge weiterhin am Boden. Solange lassen sich aus Sicht des BAZL auch keine Aussagen über den Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Flugbetriebes durch die Ju-Air machen. Derweil versprüht die Ju-Air Optimismus. In einer Medienmitteilung versichert sie, sie investiere in ihre Zukunft und habe mit der kompletten Restaurierung ihrer historischen Ju 52 begonnen. Die neue rechtliche Basis des BAZL werde auf den Flugbetrieb der Ju-Air in der Schweiz kaum relevante Auswirkungen haben. Bereits heute seien fast 100 Prozent der Passagiere in der Schweiz Vereinsmitglieder. Die Ju-Air sei in der Lage und bereit, die Organisation zur Gewährleistung eines künftigen, sicheren Flugbetriebs zu errichten und die dazu nötigen externen Fachleute und Organisationen zu verpflichten, teilt das Unternehmen mit.

Ju-Air strebt langfristigen Flugbetrieb an

Die Ju-Air bereitet sich derweil auf einen langfristigen Weiterbetrieb ihren drei historischen Junkers Ju-52 vor und investiert in deren Zukunft. Dazu werden die heute 70 und 80 Jahre alten Flugzeuge komplett demontiert und grundüberholt. Für die umfassendsten Revisionsarbeiten in der 36-jährigen Geschichte der Ju-Air  müsse der Flugbetrieb «im Sommer 2019 und 2020 reduziert werden». Für den Sommer 2019 sei vorgesehen, nur ein Flugzeug einzusetzen. Es handle sich dabei um die HB-HOS, welche seit November zusätzlich zur Jahreswartung auch umfassenden Korrosionsuntersuchungen unterzogen wurde.

Bisher keine Hinweise auf sicherheitsrelevanten Mängel 

Die Analysen der Untersuchungen durch die Ju-Air und unabhängige, externe Experten stehen laut Ju-Air kurz vor dem Abschluss. Die optischen und boroskopischen Untersuchungen, die Röntgenaufnahmen und die Expertisen von Materialwissenschaftlern und Experten für Strukturen und Motoren hätten bisher keine Hinweise auf sicherheitsrelevante Mängel beim Flugzeug HB-HOS ergeben. Deshalb wolle die Ju-Air beim Bundesamt für Zivilluftfahrt ein Gesuch für den Flugbetrieb 2019 einreichen. Durch die Verzögerungen bei den Untersuchungen könne die Aufnahme des Flugbetriebs der HB-HOS aber nicht vor Ende Mai erfolgen. Bis in einem Jahr werde auch die HB-HOP wieder einsatztauglich sein und den Flugbetrieb 2020 sicherstellen. Die zehn Jahre jüngere HB-HOY, ein Casa-Lizenzbau aus dem Jahr 1949, bleibt laut Ju-Air bis auf weiteres in Mönchengladbach ausgestellt und wird vorerst nicht geflogen. Vertragliche Vereinbarungen würden einen Abzug der jüngsten Maschine der Ju-Air im Moment nicht zulassen. So bald die HB-HOY in die Schweiz geholt werden könne, werde auch sie generalüberholt.

Generalüberholung: kein Zusammenhang mit dem Absturz

Die Generalüberholung der drei Maschinen stehe in keinem direkten Zusammenhang mit dem Absturz der HB-HOT im vergangenen August; es handle sich um eine Investition in die Sicherheit und die Werterhaltung der Flugzeuge. Die Tragödie und die darauf entstandene Unsicherheit über Ursachen und «behauptete Mängel am Unfallflugzeug» hätten die Ju-Air aber veranlasst, die drei Flugzeuge umfassend zu überholen. Nach wie vor gibt es keine Hinweise darauf, dass eine technische Ursache zum Unfall der HB-HOT geführt habe, betont die Ju-Air. Die im vergangenen November öffentlich diskutierten Schäden am Unfallflugzeug seien laut Unfalluntersuchungsstelle SUST allesamt keine Ursache für den Unfall gewesen.