Die Crew der ISS-Expedition 57 hat wieder festen Boden unter den Füssen. Um 2.40 Uhr MEZ verliess das Raumschiff mit dem deutschen ESA-Astronauten Alexander Gerst sowie der NASA-Astronautin Serena Aunon-Chancellor und dem russischen Kosmonauten Sergey Prokopjev die Raumstation, knapp dreieinhalb Stunden später landete die Kapsel Sojus MS-09 heute am 20. Dezember 2018 planmässig um 6.02 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (MEZ) nahe Karaganda in der Steppe Kasachstans. Der Wiedereintritt in die Erdathmosphäre wird dabei als ausgesprochen holprig beschrieben. Das hängt mit der enorm hohen Geschwindigkeit zusammen, welche die Kapsel bei Wiedereintritt in die Athmosphäre ausgesetzt ist. In dem über 2300 Grad heissen Plasma brechen sogar minutenweise Funkkontakte ab. Am Schluss wird die Kapsel, am Fallschirm hängend, durch Bremsraketen nochmals abgebremst.
200 Experimente durchgeführt
Gerst hat während der Expedition an rund 200 Experimenten gearbeitet, davon 65 ESA-Experimente, von denen wiederum 41 aus Deutschland oder mit deutscher Beteiligung liefen. «Es war eine sehr intensive, aber auch sehr erfolgreiche Mission», zieht Volker Schmid, «Horizons»-Missionsleiter im DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt), eine erste Bilanz: «Alexander konnte alle geplanten Experimente und Arbeiten seiner Mission erledigen, nur der Start des Photobioreaktors hat sich auf März 2019 verschoben. Es waren auch einige Premieren dabei wie der erste Einsatz von CIMON in der Schwerelosigkeit, das in Deutschland gebaute und entwickelte robotische Assistenzsystem ausgestattet mit künstlicher Intelligenz, sowie der Einsatz des Fluoreszenzmikroskops FLUMIAS, das erstmals live die Biochemie in Zellkulturen im All sichtbar machte.»
Videobotschaft an seine künftigen Enkelkinder
Wie schon 2014 versorgte der Hobbyfotograf Alexander Gerst die Menschen auf der Erde regelmässig mit teils wunderschönen, teils erschreckenden Bildern der Erde aus 400 Kilometern Höhe. Sie zeigen einmal mehr, wie einzigartig, aber auch verletzlich unsere Erde ist und dass Klimawandel und Raubbau an Natur und Umwelt bereits tiefe Spuren hinterlassen haben. Mit insgesamt zwölf so genannten ARISS-Calls mit Schulen und einem Dutzend Live-Calls für Medien, Politik und interessierte Öffentlichkeit in Deutschland war es Gerst auch vor diesem Hintergrund ein starkes Anliegen, insbesondere Kinder und Jugendliche für die Raumfahrt und wissenschaftlich-technische Fragen zu interessieren und das menschliche Bewusstsein zu schärfen, dass die Zukunft auf dem blauen Planeten in unseren eigenen Händen liegt. Bemerkenswert: Vor Beendigung seiner Mission sendete Alexander Gerst einen bewegenden Video-Appell aus dem Orbit an seine künftigen Enkelkinder. Dabei prangerte er Ressourcenverschwendung, Umweltzerstörung und Kriege an und verlieh seiner Hoffung Ausdruck, «dass wir für Euch die Kurve noch kriegen und ein paar Dinge verbessern können.» (siehe Video).
Betreuung rund um die Uhr
Nach seiner Landung am 20. Dezember 2018 zieht es Alexander Gerst schnellstmöglich in die Heimat: Ein Spezialflugzeug der NASA bringt ihn mit Zwischenstopp in Norwegen zum Flughafen Köln-Bonn. Nach seiner Landung dort gegen 20.45 Uhr geht es für den 42-Jährigen auf direktem Weg ins raumfahrtmedizinische Forschungszentrum «Envihab» des DLR in Köln, wo er die nächsten Tage gemeinsam von DLR und dem Europäischem Astronautenzentrum (EAC) betreut wird. Das Ärzte- und Wissenschaftler-Team wird Gerst – mit Ausnahme der Weihnachtsfeiertage, so es sein Zustand zulässt – die kommenden zwei Wochen rund um die Uhr betreuen und Untersuchungen im Auftrag der ESA, NASA und anderen Weltraumagenturen durchführen. Unter anderem prüfen die Wissenschaftler anhand von Blut- und Speichelproben, wie sich sein Immunsystem durch den Aufenthalt im All verändert hat.
Der 42-jährige Alexander Gerst war der erste deutsche Kommandant, der seine Arbeit in der Raumstation ISS am 3. Oktober aufnahm. Mit einer verkleinerten Crew an Bord (drei statt sechs Astronauten) hatte er zwei Monate lang – bis zur Ankunft der aktuellen ISS-Crew (Expedition 58) am 3. Dezember 2018 – alle Aufgaben zu bewältigen. Nach «Blue Dot» im Jahr 2014 war Alexander Gerst am 6. Juni 2018 zum zweiten Mal vom russischen Weltraumbahnhof in Baikonur (Kasachstan) zu seiner zweiten Reise ins All aufgebrochen. Über 3000-mal umrundete Alexander Gerst die Erde während seiner «Horizons»-Mission.