Für viele Piloten der belgischen Luftwaffe hat der Alpha Jet 1B einen besonderen Platz in ihrem Herzen: Es war der erste Jet war, den sie flogen. Aufgrund des grossen Erfolgs dieses Flugzeugs wurde der Alpha Jet oft als «Bester Trainerjet Europas» bezeichnet.

Wie alles begann: Ein Nachfolger für den T-33A und den Fouga

1973 beschloss die belgische Regierung, 33 Dassault-Breguet / Dornier Alpha Jet-Trainerflugzeuge zu kaufen, um ihre alternden Lockheed T-33A- und Fouga Magister-Trainerflugzeuge zu ersetzen. Mit der Suche nach einem Nachfolger für den Lockheed F-104G Starfighter in den frühen 70er Jahren suchte die belgische Luftwaffe auch nach einem neuen Trainerjet der dritten Generation. Der Alpha Jet erwies sich aus belgischer Sicht als die beste Wahl.

Dieser Tandem-Zweisitzer war das erste Flugzeug, das von Dassault Aviation & Breguet Aviation aus Frankreich und den Dornier Flugzeugwerken aus Deutschland gemeinsam hergestellt wurde. Diese Trainerjets wurden ursprünglich für die französische und die deutsche Luftwaffe entwickelt, aber aufgrund des grossen Erfolgs dieser Flugzeuge wurden sie auch von vielen anderen Ländern wie Nigeria, Ägypten, Kamerun, Marokko, Togo, Elfenbeinküste und Belgien gekauft.

Einsatz beim 7. und 11. Geschwader

Der Vertrag zwischen der belgischen Regierung und dem Hersteller wurde im September 1975 unterzeichnet. Die Flugzeuge erhielten die Bezeichnung Alpha Jet 1B. Die Montage der 32 Maschinen erfolgte durch den belgischen Flugzeugkomponentenhersteller «Sociétés Anonyme Belge de Constructions Aéronautiques» (SABCA) in deren Werk in Gosselies (Belgien). Die Flugzeuge wurden in der Folge beim 7. Geschwader und 11. Geschwader der belgischen Luftwaffe in Dienst gestellt.

In den folgenden Jahren wurde die Brustem Air Base zur Heimatbasis dieser Trainer Jets, da sich dort das 7. Geschwader und das 11. Geschwader befanden. Als die Brustem Air Base 1996 geschlossen wurde, zogen die Alpha Jets auf die Beauvechain Air Base.

Advanced Jet Training School (AJeTs)

Ab 2000 durchliefen die Alpha Jets der belgischen Luftwaffe ein Modernisierungsprogramm der SABCA (Alpha Jet 1B Plus). Dieses Mid-Life-Update stattete das Flugzeug mit einem Head-up-Display, GPS (-Navigation) und anderen modernen Avionikgeräten aus. Dadurch konnte auch die Betriebsdauer verlängert werden.

Aufgrund der Überkapazität modernisierter Alpha-Jet-Flugzeuge der belgischen Luftwaffe wurde 2003 in Frankreich die Advanced Jet Training School (AJeTs) gegründet. Während in Belgien der Pilotennachwuchs fehlte, herrschte bei der französischen Luftwaffe ein Mangel an Trainingsflugzeugen. Die Ausbildungsstätte wurde von den ehemaligen belgischen und französischen Verteidigungsministern André Flahaut und Michèle Alliot-Marie gegründet. Die Advanced Jet Training School (AJeTs) befand sich auf der Cazaux Air Base in Frankreich.

Belgische Piloten wurden in Frankreich ausgebildet

Für die Piloten der belgischen Luftwaffe spielte die Cazaux Air Base in Frankreich eine sehr wichtige Rolle in ihrer Karriere. Nach ihrem ersten Flugtraining auf der Beauvechain Air Base in Belgien setzten die jungen belgischen Piloten ihre Ausbildung auf der Cazaux Air Base mit dem Alpha Jet 1B Trainer Jet fort. Nach fünf Monaten Training mit dem Alpha Jet 1B erhielten die jungen Piloten schliesslich ihr Fliegerabzeichen oder ihre «Pilotenflügel». Danach stand ihnen der Weg zur Ausbildung als Kampfjetpilot, Pilot eines Transportflugzeugs oder Hubschrauberpilot der belgischen Luftwaffe offen. Für die Ausbildung zum Kampfjetpiloten verblieben die jungen Piloten weitere neun Monaten auf der Cazaux Air Base, um auf  dem Alpha Jet 1B Trainer erste Kampftechniken zu erlernen.

Verlust von vier Maschinen

Trotz des Erfolgs der Maschine blieben auch hier Unfälle nicht aus. Der erste von vier Unfällen ereignete sich 1980, als der Alpha Jet AT04 in der Nähe von Nalinnes in Belgien aufgrund eines Geschwindigkeitsverlusts während eines Kunstfluges abstürzte. Ein Pilot verlor dabei sein Leben. Der zweite Unfall mit einem Alpha Jet ereignete sich am 22. November 1984 in Deutschland (Feldberg), als der Trainerjet AT07 auf dem Feldberg mit einer Pylone kollidierte. Beide belgischen Piloten betätigten den Schleudersitz, überlebten aber nicht. Zwei weitere Alpha-Jets der belgischen Luftwaffe (AT09 und AT16) stürzten nach einer Kollision in der Luft am 19. April 1999 in der Nähe von Bierbeek in Belgien ab. Beide Piloten überlebten.

Beliebt auch Flugzeugspottern

Die Alpha Jet 1B-Trainerflugzeuge der belgischen Luftwaffe waren bei Fotografen und Flugzeugspottern in ganz Europa immer sehr beliebt. Die Maschinen waren nicht nur auf der Beauvechain Air Base zu sehen, sondern wurden auch häufig im Rahmen von Flugshows in Belgien, Frankreich und anderen europäischen Ländern präsentiert.

Traditionellerweise konnten die belgischen Alpha Jets auch während der Militärparade in Brüssel am belgischen Nationalfeiertag bewundert werden.

Ende einer Ära

Am 11. Oktober 2018 fand auf der Cazaux Air Base in Frankreich eine Abschlusszeremonie statt, bei der die Advanced Jet Training School (AJeTs) offiziell geschlossen wurde. Diese 15 Jahre dauernde, erfolgreiche Zusammenarbeit der belgischen und französischen Luftwaffe ermöglichte es beiden Ländern, von einem effizienten und kostenoptimierten Schulungsprogramm für ihre Piloten zu profitieren. 165 belgische und 215 französische Piloten erhielten in der AJeTs eine Ausbildung zum Jetpiloten.

Die 25 verbliebenen Alpha Jet 1B der belgischen Luftwaffe werden derzeit zum Verkauf angeboten und damit die Chance auf ein «zweites Leben» erhalten.

Euro-NATO-Ausbildung in Texas

Seit der Schliessung der AJeTs werden zukünftige belgische Piloten im Rahmen des Euro-NATO Joint Jet Pilot Training Programs (ENJJPT) ausgebildet. Diese multinationale Ausbildungsstätte ist Teil des 80th Flying Training Wing der USAF und hat ihren Sitz auf der Sheppard Air Force Base in Texas. Das gemeinsame Jet-Piloten-Trainingsprogramm Euro-NATO wird derzeit von Belgien, Kanada, Dänemark, Deutschland, Griechenland, Italien, Norwegen, Portugal, den Niederlanden, Spanien, der Türkei, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten genutzt. Rund 200 Piloten aus allen teilnehmenden Nationalitäten absolvieren hier ihre Weiterführende Jet-Ausbildung auf Beechcraft T-6 Texan II- und Northrop T-38 Talon.