Unbemannte Luftfahrtsysteme (UAS) werden bereits heute unter anderem in der Katastrophenhilfe sowie für den Medikamententransport in entlegene Gebiete eingesetzt. Eine interessante, noch nicht untersuchte Variante stellen Tragschrauber dar.

Tragschrauber-Eigenschaften sollen humanitären Zwecken dienen

Tragschrauber sind bislang nur als Luftsportgeräte bekannt. Ihr Auftrieb entsteht durch frei drehenden Rotoren, die durch den Vortrieb erzeugt werden. Der wird in der Regel durch Schubmotoren erzeugt. Eine positive Eigenschaft ist, dass sie nur sehr kurze Start-und und noch kürzere Landestrecken benötigen (bis 0 Meter). Sie lassen sich wie normale Flächenflugzeuge steuern. Das erfolgt durch Schwenken des Rotorkopfes. Das Drehen der Gierachse erfolgt über ein Seitenruder. Da der Rotorkopf nur ein Schlaggelenk benötigt (im Gegensatz dazu benötigt ein Helikopter auch eine Taumelscheibe), ist der Aufbau, der Betrieb und der Unterhalt eines Tragschraubers sehr viel einfacher und somit auch kostengünstiger.

Diese Eigenschaften wollen sich jetzt auch Forscher für den Transport grösserer Frachtstücke zunutze machen. Humanitäre Hilfsgüter oder dringend benötigte Ersatzteile sollen so in Zukunft flexibel, sicher und kostengünstig an den gewünschten Zielort transportiert werden können.

Test von unbemanntem Lufttransport in niedrigen Höhen

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) untersucht dabei den automatisierten unbemannten Lufttransport in niedrigen Flughöhen. Als Basis der bereits vor einem Jahr gestarteten Untersuchungen bediente man sich eines serienmässigen Tragschraubers ohne Kabine. «Wir entwickeln und erproben im Programm Luftfahrtforschung des DLR einen Demonstrator für den unbemannten Frachttransport und eröffnen damit die Perspektive, Lasten von bis zu 200 Kilogramm auf Distanzen bis zu 500 Kilometern im bodennahen Luftraum zu befördern», erläutert DLR-Luftfahrtvorstand Prof. Rolf Henke. «Unterhalb des regulären Luftverkehrs ermöglicht das Konzept einen flexiblen Betrieb auf regionalen Strecken abseits besiedelter Gebiete.»

Mit der umfangreichen Modifikation eines 450 Kilogramm schweren Serien-Tragschraubers hin zu einer experimentellen «Transportdrohne» mit Ladefläche haben die DLR-Ingenieure im Projekt ALAADy-Demonstrator eine der aktuell grössten zivilen unbemannten Luftfahrzeugsysteme entwickelt. Das Fluggerät wurde umfangreich nachgerüstet mit Sensoren, Aktuatoren, einem Flugsteuerungsrechner sowie weiterer Soft- und Hardware für den späteren automatisierten Flug. Die Flugerprobung findet am Flughafen Cochstedt bei Magdeburg statt, an dem kein Linien-Flugverkehr mehr stattfindet und für den sich neuerdings auch der DLR als Forschungsflughafen interessiert.

Eröffnung von neuen Märkten

Doch Entwicklung und Test sowie Bau und Betrieb von UAS stellen Wissenschaft und Wirtschaft – insbesondere unter Gesichtspunkten des Themas «Urban Air Mobility» (luftgestützte Mobilitätslösungen in und zwischen besiedelten Gebieten) – vor neue Herausforderungen. Aus Zulassungsgründen wird es erforderlich sein, diese neuartigen Systeme unter realen Bedingungen in einer kontrollierten Umgebung umfassend zu erproben und zu qualifizieren. Hinzu kommt die Erforschung der Akzeptanz und Wirkung von UAS in der Gesellschaft insbesondere hinsichtlich Lärm, Sicherheit und Umwelteinflüssen sowie die Klärung offener Gesetzgebungsfragen.

Nach Ansicht des DLR eröffnen sich hier vollkommen neue Märkte, die sich die Produzenten gerne zunutze machen wollen. Sie werden allerdings mit der Flugsteuerung und Flugregelung vor vollkommen neue Aufgaben gestellt. Das in Cochstedt fliegende Experimentalmuster wird noch mit einer konventionellen Modellflug-Fernsteuerung. Ziel ist es allerdings in einer weiteren Phase eine Automatisierung der Flugabläufe für vollkommen autonome Flüge umzusetzen. An dem Programm sind acht DLR-Institute beteiligt. Die Ergebnisse sollen in den noch dazu entwickelnden Demonstrator mit 200 kg Nutzlast einfliessen.