Am deutschen Gemeinschaftsstand in Halle 2C widmet sich das DLR besonders den Schwerpunkten Digitalisierung, Klimawandel und Erhalt der Mobilität. Gezeigt werden technische Innovationen für ökoeffiziente Flugzeuge mit geringeren CO2- und Lärmemissionen bis hin zum elektrischen Fliegen sowie die DLR-Falcon 20E, das fliegende Labor für Umwelt- und Klimaforschung. Das globale Monitoring des dynamischen Systems Erde aus dem All steht mit der deutsch-französischen Satellitenmission MERLIN zur Beobachtung des Treibhausgases Methan im Fokus. Der mobile Astronauten-Assistent CIMON®, der geplante Demonstrator einer wiederverwendbaren Raketenstufe sowie die beiden DLR-Instrumentenbeiträge zur europäischen Merkur-Mission Bepi-Colombo runden den Messeauftritt im Bereich Raumfahrt ab.

«Technologien verantwortungsvoll und nachhaltig einsetzen»

«Als die grösste europäische Forschungseinrichtung für Luft- und Raumfahrt arbeitet das DLR an der wissenschaftlich-technologischen Basis für neue, innovative Produkte, die unter anderem dazu beitragen, unsere Mobilität auch in Zukunft zu erhalten», erläutert Prof. Pascale Ehrenfreund, Vorstandsvorsitzende des DLR. «Moderne Technologien wie die aus der Luft- und Raumfahrt sind aus unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Es gilt, diese Technologien verantwortungsvoll im Interesse der Erhaltung der Umwelt zu gestalten und nachhaltig einzusetzen. Eine Aufgabe, der sich das DLR im Auftrag der Gesellschaft mit Nachdruck widmet.»

Das DLR präsentiert auf dem diesjährigen Aerosalon in Paris unter anderem folgende Themen aus der Luft- und Raumfahrt:

Regionalflugzeugkonzept mit verteilten elektrischen Antrieben
Schadstofffrei, effizient, leise und sicher – in Anbetracht des steigenden Luftverkehrsaufkommens sind dies die primären Ziele der europäischen Luftfahrtforschung. Die Entwicklung elektrischer Antriebskonzepte spielt dabei eine entscheidende Rolle. Bei dem vorliegenden Konzept eines Regionalflugzeugs konnten durch die Anordnung vieler Antriebe entlang des Flügels eine Vergrößerung des Auftriebs sowie eine Erhöhung des Antriebswirkungsgrads erreicht werden. Der vergrößerte Auftrieb lässt sich zur Verkleinerung der Tragflügelfläche und damit zur Reduktion von Gewicht und Luftwiderstand nutzen. Außerdem kann die Steuerung des Flugzeugs durch individuelle Ansteuerung der Antriebsmotoren teilweise übernommen werden, sodass die Leitwerke kleiner, damit ebenfalls leichter und widerstandsärmer entworfen werden können. Die elektrische Leistung kann durch Brennstoffzellen oder ein Hybridsystem mit Gasturbine bereitgestellt werden.

Multimodal Cockpit Simulator (MMCS)
Die Cockpit- und Umgebungsdarstellung des MMCS-Simulators basiert auf einer auf dem Kopf getragenen Virtual-Reality-Anzeige. Dadurch können die Forscher verschiedene existierende Helikoptertypen simulieren, aber auch eigens entwickelte Cockpitlayouts darstellen und neue Flugführungstechnologien testen. Der Simulator ist mit einem virtuellen 3D-Audiosystem ausgestattet; dieses schafft eine realistische akustische Umgebung, um tiefer in die Simulation einzutauchen und zukünftige Audioassistenzsysteme für Piloten zu testen. Der Simulator wird – wie ein konventioneller Helikopter – mit Hilfe von drei Steuerelementen geflogen: Cyclic Stick, Kollektiv und Pedale. Es handelt sich dabei um aktive Steuerkraftkomponenten. Sie erzeugen durch eingebaute Motoren ein präzises Kraft-Feedback und vermitteln dem Piloten somit realistische Steuereindrücke. Die zugrundeliegende Flugsimulation erfolgt entweder durch die kommerzielle Software X-Plane 11 oder durch DLR-eigene Helikopterflugmodelle inklusive neuartiger Flugregelungssysteme. Eine solche schnell konfigurierbare Testumgebung ist insbesondere in einer frühen Entwicklungsphase relevant, um verschiedene Konfigurationen ohne großen Zeitaufwand und trotzdem möglichst realitätsnah miteinander vergleichen zu können.

Numerische Simulation: Flugzeuge der Zukunft effizienter und umweltfreundlicher gestalten
Die Herausforderungen der Digitalisierung beschäftigen die Luftfahrtforscher schon seit vielen Jahren. Ihre Vision: Der gesamte Lebenszyklus eines Flugzeugs – vom ersten Entwurf, über Entwicklung, Zulassung und Wartung bis hin zur Außerbetriebnahme – soll digital im Rechner abgebildet werden. Dieses «virtuelle Produkt» würde Kosten und Risiken enorm senken. Doch ein Flugzeug und seine aerodynamischen Eigenschaften sind komplex. Um sich der Realität digital anzunähern, unterteilen Wissenschaftler bei ihren Berechnungen am Computer den Raum um ein Flugzeug herum in ein Netz aus sehr vielen Kontrollzellen. In jeder Zelle können dann physikalische Kräfte wie Druck, Dichte und Geschwindigkeit berechnet werden. Je kleiner die Zellgrößer umso höher ist die Genauigkeit der Simulation. Daraus ergibt sich ein riesiges System von mathematischen Gleichungen für die zu berechnenden Strömungsgrößen. Hochleistungsrechner ermöglichen es, Abermillionen von Rechenschritten pro Sekunde durchzuführen und ein solches Netz mit konsistenten Werten zu füllen. Aufwendige Simulationsrechnungen zu lösen und das Verhalten von Flugzeugen im Rechner zu simulieren, sind maßgebliche Schritte in der Luftfahrtforschung, um Treibstoffverbrauch sowie Schadstoff- und Lärmemissionen zu reduzieren und die Flugzeuge der Zukunft sicherer, umweltfreundlicher und wirtschaftlicher zu machen - bis hin zum Zero-Emission-Aircraft.

Falcon 20E: Fliegen für die Klima- und Umweltforschung
Mit dem Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull im April 2010 kam die Falcon 20E-5 des DLR zu ihrem bisher spektakulärsten Einsatz: Als «Volcano Ash Hunter» flog sie in die Aschewolke über Deutschland, dem Vereinigten Königreich und Island. Dort untersuchte sie die Zusammensetzung und Konzentration der Vulkanpartikel, die den Linienflugverkehr zum Erliegen brachten. Wissenschaftler nutzen die Falcon, um vielfältige Fragen der Atmosphären- und Klimaforschung zu untersuchen. Direkt an Bord vermessen sie Spurengase und Aerosole und sammeln Luftproben für spätere Laboranalysen. In den letzten Jahren war die Falcon eines der wichtigsten Grossforschungsgeräte des DLR, um die Auswirkungen von Flugzeug-Emissionen auf die Atmosphäre zu erforschen. Ihre einzigartige Modifikation und Ausstattung machen die Falcon zu einer echten Mehrzweckplattform für Forschungsanwendungen, die den individuellen Bedürfnissen entsprechend angepasst werden kann.

Die deutsch-französische Klimamission MERLIN
Methan (CH4) ist nach Kohlendioxid (CO2) der zweitgrösste Beitrag zur vom Menschen verursachten Klimaerwärmung. Ein von den Vereinten Nationen eingesetztes Wissenschaftlergremium bescheinigte Methan ein rund 25-fach höheres Potenzial zur globalen Erwärmung als CO2. Um effektiven Klimaschutz betreiben zu können, ist es dringend notwendig, den Zyklus des Treibhausgases Methan besser zu verstehen. Die hochpräzise globale Vermessung des Methangehaltes in der Erdatmosphäre kann nur vom Weltraum aus erfolgen. Besonders Schlüsselregionen wie tropische Feuchtgebiete, Regenwälder und Permafrost-Regionen sind ohne Satelliten nur schwer zugänglich. Der deutsch-französische Kleinsatellit MERLIN (Methane Remote Sensing LIDAR Mission) soll mit Hilfe eines LIDAR-Instruments (Light Detecting and Ranging) ab 2024 aus einer Höhe von rund 500 Kilometern Methan aufspüren und überwachen. Ziel der dreijährigen Mission des DLR und der französischen Raumfahrtagentur CNES ist unter anderem die Erstellung einer globalen Weltkarte der Methankonzentrationen.

Astronauten-Assistenzsystem mit künstlicher Intelligenz
CIMON® ist ein innovatives, weltweit einzigartiges Astronauten-Assistenzsystem, das in Deutschland entwickelt und gebaut wurde. Das fliegende und autonom agierende System ist mit künstlicher Intelligenz (KI) von IBM ausgestattet und wurde erstmalig von ESA-Astronaut Alexander Gerst auf seiner Mission horizons eingesetzt. CIMON® soll zeigen, dass die Mensch-Maschine-Interaktion die Arbeit eines Astronauten unterstützen und seine Effizienz steigern kann. Der fliegende Begleiter kann vielfältige Informationen sowie Anleitungen zu wissenschaftlichen Experimenten und Reparaturen abbilden und erklären. So hat der Astronaut durch CIMON® per Sprachsteuerung Zugriff auf Dokumente und Medien und kann dabei mit seinen Händen frei arbeiten – ein großer Vorteil. Der Astronaut kann CIMON® außerdem als mobile Kamera für operationelle und wissenschaftliche Zwecke nutzen. Der fliegende Assistent kann Routineaufgaben erledigen, wie etwa die Dokumentation von Experimenten, Suche nach Objekten und Inventarisierung. CIMON® kann sehen, hören, verstehen und sprechen. Kameras und Software zur Gesichtserkennung, zur Orientierung und zur Videodokumentation dienen ihm als „Augen“. Ultraschallsensoren messen Abstände, um Kollisionen zu vermeiden. Seine „Ohren“ sind mehrere Mikrofone zur Richtungserkennung und ein Richtmikrofon für eine gute Spracherkennung. CIMON® wurde als Auftrag des DLR Raumfahrtmanagements mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) an Airbus vergeben und für den Einsatz im europäischen Columbus-Modul auf der ISS entwickelt.

Wiederverwendbarkeit von Trägersystemen
CALLISTO (Cooperative Action Leading to Launcher Innovation in Stage Toss back Operations) ist ein wiederverwendbarer Demonstrator für eine vertikal startende und vertikal landende Raketenstufe (VTVL). Wiederverwendbarkeit bei Trägersystemen kann zur Reduzierung von Startkosten und zur Erhöhung der Vielseitigkeit beitragen. Das deutsch-französisch-japanische Projekt von DLR, CNES und JAXA zielt darauf ab, die Kenntnis über VTVL-Raketenstufen zu verbessern sowie Fähigkeiten und Technologien zu demonstrieren, die notwendig sind, um eine wiederverwendbare, vertikal startende und landende Raketenstufe zu entwickeln und zu vermarkten. Das CALLISTO-Raumfahrzeug wird aus einer mit flüssigem Sauerstoff (LOx) und Wasserstoff (LH2) betriebenen Raketenstufe bestehen. Der Antrieb kann gedrosselt werden, um präzise und weiche Landungen zu erzielen. Mindestens fünf unterschiedliche Missionen sollen zukünftig mit demselben Raumfahrzeug vom europäischen Raumfahrt-Startplatz in Französisch-Guayana aus durchgeführt werden. Die Ergebnisse der Flugtests werden benutzt, um das Design eines zukünftigen wiederverwendbaren Raumtransportsystems zu optimieren.
Instrument-Beiträge zur europäischen Merkur-Mission BepiColombo