Beate Uhse war das jüngste von drei Kindern des Landwirts Otto Köstlin und der Ärztin Margarete Köstlin. Als sie acht Jahre alt war, erzählte ihr der ältere Bruder die Sage von Ikarus. Sie war fasziniert von der Geschichte – und von der Idee des Fliegens. So sehr, dass sie Hühnerfedern sammelte und sie zu zwei Flügeln zusammenklebte und vom Dach der elterlichen Veranda sprang, Beate blieb unverletzt. Ihre Eltern schränken sie nicht ein, sondern förderten und unterstützten ihre Tochter, die sich gerne dem Sport hingab, mit 15 Jahren wurde sie hessische Meisterin im Speerwerfen. Unter keinen Umständen wollte sie in die Fusstapfen ihrer Eltern treten, als Landwirtin oder Ärztin ihr Geld verdienen. Sie wollte fliegen lernen.

Mit 18 Jahren Flugzeugführerschein erhalten

Mit 16 reiste Beate Köstlin für ein Jahr nach England, um als Au Pair Englisch zu lernen. Danach kehrte sie auf das elterliche Gut zurück, wo sie ihren Eltern zuliebe eine «richtige» Ausbildung in Hauswirtschaft absolvierte. Während einer Reise nach Berlin lernte ihr Vater zufällig den Motorflugreferenten des Deutschen Aero-Clubs, Wilhelm Sachsenberg, kennen und klagte ihm sein Leid über seine «flugverrückte» Tochter und den «Quatsch» von weiblichen Piloten. Sachsenberg zeigt Verständnis für die Neigung der 17-Jährigen und sandte ihr detailliertes Informationsmaterial über die Pilotenausbildung. Schliesslich gaben die Eltern dem Drängen der jungen Frau nach, und am 7. August 1937 konnte Beate bei der Fliegerschule Rangsdorf bei Berlin in einer Heinkel He 72 mit dem Fluglehrer Tobaschefski erstmals das Gefühl des Fliegens spüren. Drei Wochen später folgte der erste Alleinflug. Fluglehrer Haak schulte sie dann auf den Mustern Klemm Kl 25, Focke-Wulf Fw 44 und Bücker Bü 131 Jungmann. Mit einem Solo- Überlandflug Rangsdorf–Magdeburg–Halle-Leipzig–Rangsdorf  schloss sie ihre Ausbildung ab und erhielt an ihrem 18. Geburtstag ihren Flugzeugführerschein!

Praktikantin, Kunstflug-, Renn- und Vorführpilotin

Um ihren Horizont zu erweitern, bewarb sich Beate bei der ebenfalls in Rangsdorf ansässigen Bücker Flugzeugbau GmbH, die sie als Praktikantin einstellte und wo sie alle Bereiche der Firma durchlief. Man förderte sie. Während dieser Zeit durchlief sie nicht nur die Schulung auf Gotha Go 145 und Arado Ar 66 bis zur Klasse B1, sondern begann auch mit der Kunstflugschulung. Ihr Fluglehrer war nun Hans-Jürgen Uhse, ihr späterer Ehemann. Die Kunstflugprüfung K1 konnte sie allerdings erst am 19. August 1938 ablegen. Doch schon einen Monat zuvor hatte sie am 1. Zuverlässigkeitsflug für Sportfliegerinnen teilgenommen und unter 13 Teilnehmerinnen mit einer Klemm Kl 25 hinter Melitta Schiller den zweiten Platz belegt. Drei Wochen später schickt sie das Werk mit einer Bücker Bü 131 A zur Teilnahme am Luftrennen in Kortrijk/Belgien, wo sie mit ihrem nur 80 PS starken Flugzeug in ihrer Klasse Erste und in der Gesamtwertung Dritte wird. Am 16. Mai 1939 legt sie mit Bravour ihre Kunstflugprüfung K2 ab. Drei Monate später, beim zweiten  Zuverlässigkeitsflug der Sportfliegerinnen, wurde sie hinter Liesel Bach (Bücker Bü 180) und Luise Harden (Siebel Si 202), ebenfalls auf einer Bü 180 Dritte, wieder unter 13 Teilnehmerinnen. Einer der ersten Gratulanten war Wilhelm Sachsenberg, der den Wettbewerb auch organisierte. Noch wenige Tage vor Kriegsausbruch, am 20. August, beauftragte sie die Bücker Flugzeugbau GmbH, eine Bücker Bü 133 Jungmeister in Thurö/Dänemark vorzuführen, damit war sie nun eine anerkannte Pilotin.

Pilotin bei Bücker und beim Film

Beate war von Anfang an verliebt in ihren Fluglehrer Hans-Jürgen Uhse, lehnte jedoch dessen wiederholte Heiratsanträge ab. Sie wollte nie und nimmer das Fliegen eines Mannes wegen aufgeben. Da Hans-Jürgen sie in ihren fliegerischen Ambitionen tatkräftig unterstützte, willigte sie schliesslich ein. Doch nun stellte sich ihr Vater quer, er verweigerte dem jungen Paar für ein ganzes Jahr seine Einwilligung. Schliesslich sollte die Hochzeit am 10. Oktober 1939 stattfinden, dazu kam es aber wegen des Kriegsausbruchs nicht mehr. Am 28. September sollte Hans-Jürgen Uhse einrücken. Beate und er heirateten vier Stunden vor seiner Abreise mit einer Kriegstrauung. Sie wurde von Bücker als permanente Pilotin eingestellt und überführte nun neue oder reparierte Flugzeuge öfters nach Ungarn.

Als eine Filmfirma bei Bücker wegen Piloten für Filmaufnahmen als Double für die Grössen des Films anfragte, empfahl die Firma Beate Uhse, die klein genug ist, um sich im vorderen Sitz verstecken zu können und von dort das Flugzeug am Boden zu rollen oder es auch zu fliegen, während die Filmhelden wie Hans Albers oder René Deltgen im hinteren Sitz den kühnen Flieger markierten. Der Film, in dem sie für Deltgen mit einer Bücker Bü 180 Student  eine Ballonsperre durchflog und nach einem Flügelbruch den Absturz simulieren musste, hiess «Achtung, Feind hört mit!» Auch im Film «D III 88» wirkte sie mit, wo sie in einer Bü 131 sass und ein englisches Jagdflugzeuge im Ersten Weltkrieg darstellte. Dagegen kämpften die mit Balkenkreuzen und MG-Attrappen versehenen Fw 44 als deutsche Jäger.

Witwe mit 26 Jahren

Zum 1. April 1942 wechselte Beate Uhse von Bücker zu dem neu gegründeten Flugzeug-Reparaturwerk Alfred Friedrich in Strausberg, wo sie in gewohnter Weise Flugzeuge einflog und überführte. Ab April 1944 wurde sie immer wieder für Überführungsflüge engagiert, meist auf Junkers Ju 87, die aus der Weser-Fertigung in Tempelhof kommend, zu den verschiedenen Fliegerhorsten gebracht werden mussten. 1943 gebar Beate Uhse ihren Sohn Klaus. Da sie in einem kriegswichtigen Betrieb arbeitete, durfte sie weiterhin berufstätig bleiben und erhielt sogar die Erlaubnis, ein Kindermädchen zu beschäftigen, das auch ihr Haus in Rangsdorf hütete. Im Mai 1944 verunglückte ihr Mann Hans-Jürgen tödlich und liess Beate als 26-jährige Witwe mit dem einjährigen Klaus zurück.

Überführpilotin bei der Deutschen Luftwaffe

Die bei der Luftwaffe gebotene Möglichkeit, Flugzeuge zu fliegen, an die sie als Sport-Fliegerin nie herangekommen wäre, begeisterte sie. Sie flog die Jäger Messerschmitt Bf 109 und Focke-Wulf Fw 190, sowie weiterhin Ju 87, gelegentlich auch einmal eine zweimotorige Messerschmitt Bf 110. Bei diesen Flügen kam es auch zu Begegnungen mit alliierten Jägern, die das deutsche Flugzeug angriffen. Mit Glück und fliegerischem Können kam sie aber immer davon. Ab Oktober 1944 wurde sie dann im Range eines Hauptmanns vom Überführungs-Geschwader 1, Gruppe Mitte mit Sitz in Staaken, übernommen. Ganz zum Schluss, im April 1945, bekam sie dort auch noch eine Einweisung auf den Strahljäger Messerschmitt Me 262. Mit dieser Flugerfahrung, dachte sie, werde sie nach dem Krieg gute Berufschancen als Pilotin bekommen.

Abenteuerlicher Flug vor Kriegsende

Im April 1945 war Berlin von sowjetischen Truppen umschlossen. Ihre Gruppe verlegte von Staaken in den Westen. Beate Uhse, gerade von einem Überführungsflug nach Leipzig zurück, wollte aber auf keinen Fall ohne ihren Sohn und dessen 19-jähriges Kindermädchen weg. Durch die zerstörte Stadt schlug sie sich zu ihrem Haus in Rangsdorf durch und holte die beiden. Mit viel Mühe gelang es ihnen, nach Gatow zu kommen, dem einzigen noch offenen Flugplatz. Die anderen Angehörigen der beiden Staffeln waren schon weg. Eine bereitstehende Junkers Ju 52 würde sie und ihren Sohn mitnehmen, nicht aber das Kindermädchen. Sie blieb auf dem Platz und entdeckte ein Flugzeug, eine fünfsitzige Siebel Fh 104, an der aber ein Schild mit der Aufschrift «Unklar» hing. Ein zurückgelassener Bordmechaniker half ihr, die Maschine flugtauglich zu machen und zu betanken. Sie durchblätterte eilig das Handbuch des Flugzeugs, das sie vorher noch nie geflogen war und startete Richtung Leck in Nordfriesland mit ihrem Sohn, dem Kindermädchen, dem Bordmechaniker und zwei Verwundeten!

Das Flugzeug war die letzte Maschine, die aus Gatow herauskam. Trotz des schon sehr knapp gewordenen Kraftstoffs musste sie sich vom Fliegerhorst Leck fern halten, weil englische Jäger die dort stehenden deutschen Flugzeuge angriffen. Erst als die Spitfire wieder weg waren, konnte sie landen. Hier wurde sie von den einrückenden britischen Truppen gefangen genommen. Nach ihrer Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft liess sich Beate Uhse mit ihrem Sohn in Flensburg nieder. Ihre Karriere als Pilotin war nun zu Ende, denn die Besatzungstruppen untersagten jede fliegerische Tätigkeiten.

Beate Uhse als Geschäftsfrau

Die junge Witwe muss also einen anderen Weg finden, um sich und ihren Sohn ernähren zu können. Erst schlägt sie sich mit diversen Geschäften durch. Ihre Produkte verkauft sie von Tür zu Tür und lernte dabei viele Hausfrauen und ihre Schwierigkeiten kennen. 1951 gründete sie mit vier Angestellten ihr Versandhaus und eröffnete zahlreiche erfolgreiche Shops für Mann und Frau. 1990 ging Beate Uhse an die Börse und erzielte Umsätze gegen 100 Millionen DM. Der geschäftliche Erfolg erlaubte es ihr, ihren alten Traum wieder Wirklichkeit werden zu lassen. So kaufte sie ihr erstes eigenes Flugzeug, eine Cessna 172, mit der sie sich erneut so fühlen konnte wie ein junges Mädchen.

Die Fliegerin und Unternehmerin verstarb 2001 im Alter von 81 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung in St. Gallen.