Die Stationierung eines Helikopters der Rega am Flugplatz Sion Ende letzten Jahres und die Bewerbung der Rega, Teil des  Walliser Luftrettungsdispositivs zu werden, hat bei der Air Zermatt und der Air-Glaciers Unruhe und Besorgnis ausgelöst. Philipp Perren, Verwaltungsratspräsident der beiden Walliser Helikopterunternehmen, befürchtet einen drohenden Qualitätsverlust des Rettungsdispositivs im Wallis. Er könne sich nicht vorstellen, dass die Rega bereit ist, im Unter- wie im Oberwallis je drei Rettungshelikopter zu stationieren, so wie es das Normdispositiv heute verlangt – geschweige denn bis zu zehn, wie dies die beiden Walliser Helikopterunternehmen aktuell anbieten. Zudem stehe dank der zentralen Disponierung aller Rettungsmittel durch ein und dieselbe Zentrale immer der Patient im Vordergrund. So werde, wenn es Sinn mache, auch die Ambulanz aufgeboten. Im Wallis überfliege, so Perren, auf dem Weg zum Patienten kein Rettungshelikopter einen anderen, nur weil jener eine andere Farbe habe.

«Cockpit» hat aus aktuellem Anlass mit Philipp Perren ein Interview geführt, das wir hier in Teilen publizieren. Das gesamte, ausführliche Interview kann in der gedruckten Ausgabe des «Cockpit» Nr. 7/2022 nachgelesen werden.

«Cockpit: Die Rega hat vor Weihnachten einen Helikopter in Sion stationiert. Was hat dieser Entscheid bei Ihnen ausgelöst?
Philipp Perren: Die Mitteilung der Rega, sich mit einer Gesellschaft zusammen­zutun, welche bislang nicht im Rettungswesen tätig war und die im kommerziellen Geschäft ein direkter Konkurrent von Air-Glaciers und Air Zermatt ist, war moralisch eine herbe Enttäuschung für mich. Für unsere beiden Unternehmen, die als sogenannte Walliser Partnergesellschaften der Rega galten, war es zudem eine Ohrfeige. Partnerschaften definieren sich anders. Die Rega wurde gerade auch wegen der beiden Walliser Gesellschaften zu dem, was sie heute ist. In den ersten Jahren haben die Walliser und ihre Berner Oberländer Tochtergesellschaft diverse Einsätze für die Rega geflogen, mit denen sie sich heute noch rühmt. Später war es so, dass wir jährlich einen kleinen Obolus von der Rega erhalten haben, weil wir ja auch für deren Gönner im Wallis Pikett standen und die Rettungen durchführten. Das ist allerdings schon länger her. Doch auch danach leisteten die Rega und die Walliser Gesellschaften jeder an seinem Ort seinen Dienst und wir liessen uns gegenseitig nicht nur leben, sondern pflegten auch eine von gegenseitigem Respekt gekennzeichnete Partnerschaft. Aus diesem Klima stammt auch die schriftliche Zusicherung eines sehr verdienten vormaligen Stiftungsratspräsidenten, dass die Rega nur ins Wallis käme, wenn wir sie rufen würden.

Die Rega möchte zudem Teil des Walliser Luftrettungsdispositivs werden und bewirbt sich am Ausschreibungsverfahren für eine Bewilligung. Können die Leistungen der Air Zermatt und Air-Glaciers das Patientenwohl nicht mehr alleine sicherstellen?
Das Wallis hat aktuell vier Rettungsbasen. Auf diesen vier Basen sind in Spitzenzeiten in der Regel fünf dedizierte Rettungshelikop­ter stationiert. Dies ist das heutige Normdispositiv, wie es zu Spitzenzeiten vom Kanton verlangt wird. Zusätzlich dazu haben Air Zermatt und Air-Glaciers seit jeher bei Bedarf weitere Maschinen aus dem kommerziellen Betrieb abgezogen, für Rettungen umgerüstet und mit entsprechender medizinischer Crew versehen. Und es waren weiter bis zu fünf zusätzliche Helikopter auf Pikett. Das Wallis verfügt damit in der Hochsaison über insgesamt zehn Rettungshelikopter auf vier im Kanton verteilten Basen. Dazu kommen noch die kommerziellen Maschinen der beiden Unternehmen, die bei Bedarf bei Rettungen Hilfsdienste leisten. Es braucht nämlich keinen medizinisch ausgerüsteten Rettungshelikopter, um Lawinenhunde oder Rettungsspezialisten einzufliegen oder um Material zu bringen. Insofern ist das Wallis der mit Rettungshelikoptern weitaus am besten versorgte Kanton!

Sie wehren sich energisch gegen das Ansinnen der Rega. Warum?
Ich wehre mich aus verschiedenen Gründen: Einerseits macht es absolut keinen Sinn, das hervorragende Dispositiv im Wallis aufzurüsten und gleichzeitig gesamtschweizerisch ein ausgedünntes «leistungseffizientes» Dispositiv zu propagieren. Das ist nicht im Interesse der Patientinnen und Patienten in der ganzen Schweiz. Weiter ist es kontraproduktiv, wenn die Rega versucht, Notärzte aus den Walliser Spitälern abzuziehen, damit ihr Helikopter besetzt ist. Dies war unter anderem im Spital Sion der Fall. Und schliesslich hilft es der Walliser Bergrettung auch nicht, wenn die Rega Personal von Air-Glaciers und Air Zermatt abwirbt. Vor allem aber wäre es auch nicht im Interesse der Patienten, in Sion einen zusätzlichen Helikopter zu stationieren, da sich dann die rund 800 Einsätze auf zwei Helikopter (mit je mindestens fünf Crews) verteilen würden, denn damit fehlt den Crews die erforderliche Routine.

«Cockpit» hat die Rega um eine Stellungnahme gebeten. «Um das laufende Ausschreibungsverfahren nicht zu beeinflussen und den zuständigen Verein KWRO in seiner Arbeit zu unterstützen, verzichten wir zurzeit auf weitere Ausführungen zur Vergabe der Mandate in der Luftrettung im Kanton Wallis», teilte die Rega auf Anfrage mit.

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