Der verstorbene Aviatik-Enthusiast und Mäzen Reiner Vondruska aus Oetwil am See hatte es sich zu seinen Lebzeiten mit dem Verein «Freunde des Fieseler Storchs» zum Ziel gesetzt, eines Tages eine Formation von bis zu neun dieser Oldtimer auf Schweizer Airshows vorzuführen. Das Besondere: Alle restaurierten Maschinen hatten die gleiche ehemalige Militär-Bemalung. Es waren jedoch unterschiedliche Fieseler-Typen, darunter auch Lizenzbauten von Morane-Saulnier mit verschiedenen Triebwerken vom originalen Argus-V8 über Salmson-Sternmotoren bis zum Umbau auf Lycoming-Sechszylinder.

Berühmtester Storch in Dübendorf ausgestellt

Nach Vondruskas überraschendem Tod im März 2020 ist die mindestens acht Flugzeuge umfassende Sammlung von seinen Erbinnen an einen Sammler im bayerischen Straubing verkauft worden. Einer dieser Störche sorgte am Nationalfeiertag vor vier Jahren für Aufregung: Der Pilot verunfallte beim Landeversuch am 1. August 2017 auf einer Wiese in Maur am Greifensee. Pilot und Passagierin blieben unverletzt. Mittlerweile ist diese Maschine mit der Immatrikulation A-99 und Lycoming-Triebwerk wieder repariert und flugfähig.

Die berühmteste Maschine der Sammlung bleibt aber in der Schweiz. Es ist der sogenannte Gauligletscher-Storch, der originale A-97 Fi 156 C-3 aus dem Jahr 1942. Er wurde dem Oetwiler Verein «Storchenfreunde» ursprünglich vom Bund vor einigen Jahren als Leihgabe überlassen. Stefan Hofer, Armeesprecher beim VBS in Bern teilte vor einiger Zeit mit: «Die Abklärungen haben ergeben, dass der Fieseler Storch A-97 (HB-EHJ) keine Leihgabe mehr ist. Er ist nach wie vor im Besitz des Bundes und steht in Dübendorf.» Dort wird er nun im Rahmen einer Sonderausstellung zur Gauli-Rettung im Flieger-Flab-Museum des Air Force Center Dübendorf präsentiert.

«Held vom Gauli» – Erinnerung an die Geschichte

Diese Maschine wurde als «Held vom Gauli» berühmt. Wie kam es dazu? Piloten eines US-Militärflugzeugs verirrten sich am 19. November 1946 in Wolken fliegend über den Alpen. Die Crew wähnte sich über viel niedrigeren Bergen in scheinbarer Sicherheit. Mitten aus dem Reiseflug in IMC heraus krachte die Maschine plötzlich in 3000 Metern Höhe auf den Gauligletscher. Trotzdem hatten die Insassen Glück im Unglück. Tiefer Schnee bremste den Aufprall ab. Nur eine Person an Bord wurde schwerer verletzt.

Es gelang der Crew, einen Notruf abzusetzen. Aber niemand wusste den Standort. Die US-Streitkräfte suchten im französischen Teil der Alpen auf der ursprünglich geplanten Route. Vergebens. Erst zwei Tage später wurde das Wrack der Douglas C-53 eher zufällig auf dem Gauligletscher entdeckt. Helikopter gab es zu dieser Zeit in der Schweiz nicht. Bergretter machten sich aus dem Tal zu Fuss auf den Weg, sie erreichten die Überlebenden am 23. November. Ein Abstieg am gleichen Tag mit den geschwächten Unfallopfern wäre für die erschöpften Helfer aber unmöglich gewesen.

Am nächsten Morgen tauchten völlig überraschend zwei Fieseler Störche der Fliegertruppe auf. Beide Maschinen hatten Kufen anstelle von Rädern; eine davon war die A-97. Die Flieger wagten die Landung auf dem Gletscher. Sie brachten nacheinander alle zwölf Beteiligten des Unglücks auf den Flugplatz Meiringen in Sicherheit. Beide Piloten wurden ebenso wie ihre Maschinen zu «Helden vom Gauli». Dieser Einsatz galt zudem als Beginn der modernen Luftrettung mit Flugzeugen im Hochgebirge.

A-97 fliegt wohl nicht mehr

Ein halbes Jahrhundert hing der A-97 nach ihrer Ausmusterung bis 2015 in Luzern im Verkehrshaus Luzern. Der Bund als Eigentümer und das Museum unterstützten den Verein «Freunde des Fieseler Storch» und dessen Vorsitzenden Reiner Vondruska beim Vorhaben, das Flugzeug wieder in die Luft zu bringen. Mit einer neuerlichen Landung auf dem Gauligletscher sollte zudem der einstigen Aktion und dem Beginn der alpinen Luftrettung gedacht werden.

Am 5. November 2016 hob der in Polen bei einer Spezialfirma restaurierte Storch A-97 nach mehr als 50 Jahren Flugpause zum zweiten Erstflug ab. Anschliessend ging es zurück in die Schweiz. Um das wertvolle Original zu schonen, trainierten Piloten mit einem weiteren Storch das Starten und Aufsetzen mit dem Kufenfahrwerk auf verschiedenen Gletschern, etwa dem Hüfi. Auf dem Gauli darf normalerweise nicht geflogen werden. Für die Wiederholung der historischen Landung sollte es aber eine Ausnahmegenehmigung durch das Bundesamt für Zivilluftfahrt geben.

Im Frühjahr 2019 sollte vom Flugplatz Meiringen aus mit einer erneuten Landung an die Rettungsaktion mit dem A-97 auf dem Gauligletscher nahe der Stelle von 1946 erinnert werden. Das klappte wegen des Wetters und der Schneeverhältnisse auf dem Gauli nicht. Der verstorbene Mäzen Reiner Vondruska hatte gehofft, diese Landung womöglich 2020 oder 2021 nachholen zu können. Dazu kommt es nun nicht mehr. Der A-97 wird wohl nicht mehr fliegen und bleibt in Dübendorf im Museum.

Ein Storch hat sich die Flügel gebrochen

Bedauerlicherweise ist eine der in Polen gerade restaurierten Maschinen, die A-95, bereits wieder zerstört. Mit diesem Storch musste offenbar im Juli eine Notlandung in einem Feld in Polen durchgeführt werden. In der Folge überschlug sich die Maschine. Die A-95 (HB-EFJ) war ursprünglich eine Morane-Saulnier MS 505. Sie ist heute mit einem amerikanischen Jacobs R-755 Siebenzylinder-Sternmotor, der über 300 PS leistet, ausgerüstet. Nach der Ausmusterung aus der französischen Armée de l’Air wurde die Maschine durch Reims Aviation für den Schleppbetrieb umgebaut und kann bis zu drei Segelflugzeuge gleichzeitig hochziehen.

Ob die Maschine reparabel ist steht wohl noch nicht fest. Auch ob die anderen acht Störche in Deutschland wieder abheben, ist derzeit unklar. Der neue Besitzer, ein Unternehmer und Aviatik-Sammler am Flugplatz Straubing, wollte sich auf Anfrage nicht äussern.