Der Start von Juice verlief erreignislos. Nach rund 30 Minuten und in einer Höhe von mehr als 1000 Kilometer wurde Juice von der Raktetenoberstufe getrennt. Im Raumfahrtkontrollzentrum der ESA in Darmstadt begann ein gespanntes Warten auf ein Signal von Juice. Die Erleichterung war gross, als es über die Bodenstation New Norica in Australien eintraf. Um 15:33 Uhr MESZ entfalteten sich die riesigen, 27 m langen Sonnensegel des Raumfahrzeugs in ihrer charakteristischen Kreuzform und stellten sicher, dass Juice bis zum äusseren Sonnensystem reisen kann. Mit dem Abschluss dieser kritischen Operation wertete die ESA den Start als Erfolg. 

Was wird erforscht

Die Abkürzung Juice steht für Jupiter Icy Moons Explorer. So ist denn auch nicht Jupiter das eigentliche Ziel, sondern dessen Monde Kallisto, Europa und Ganymed. Dank des Vermächtnisses früherer Jupitermissionen weiss man, dass diese Monde unter ihrer Oberfläche Wasservorkommen bergen, die weitaus grösser sind als die der Ozeane der Erde. Im Zentrum des Interesses steht denn die Antwort auf die Frage, ob sich dort möglicher Lebensraum befindet. 

Inbetriebnahme wissenschaftlicher Instrumente

In den zweieinhalb Wochen nach dem Start wird Juice seine verschiedenen Antennen und Instrumentenausleger ausfahren, worüber zunächst auf Twitter unter @ESA_JUICE und @esaoperations berichtet wird. Eine intensive dreimonatige Inbetriebnahme der wissenschaftlichen Instrumente von Juice wird ebenfalls folgen. Der erste von vier Vorbeiflügen am inneren Sonnensystem wird im August 2024 mit einem Vorbeiflug am Mond und an der Erde stattfinden, gefolgt von einem Vorbeiflug an der Erde 1,5 Tage später.

Schweizer Entwicklungen mit an Bord

Wenn Juice in rund acht Jahren endlich sein Ziel erreicht, kommen die 11 wissenschaftlichen Instrumente zum Einsatz. Darunter ist etwa das Particle Environment Package (PEP), das von der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) ausgewählt wurde und sechs wissenschaftliche Instrumente vereint. Die Universität Bern ist mit einem Sensor, dem Neutral and Ion Mass Spectrometer (NIM), an PEP beteiligt.

Ein weiteres Instrument aus der Schweiz ist der im Labor für Teilchenphysik am Paul Scherrer Institut PSI entwickelte Hightech-Detektor RADEM. Das unscheinbare drei Kilogramm schwere Kästchen soll die Strahlung im Jupitergürtel messen. 

Alarmfunktion

Die Beschleunigung im Magnetfeld des Jupiters sind um ein Vielfaches stärker als auf der Erde, was zu einer besonderen Form der Röntgenstrahlung führen kann. Solche Strahlen sind für Raumsonden mit ihrer hochentwickelten Elektronik gefährlich. Auch wenn diese strahlungsbeständig gebaut wurden, könnten sie, wenn sie sich zu lange in besonders strahlenintensiven Zonen aufenthalten, beschädigt werden. Das soll auf der Juice-Mission verhindert werden, indem Instrumente vorübergehend ausgeschaltet werden, wenn sie in ein besonders strahlungsintensives Gebiet gelangen. Der RADEM-Detektor ist direkt mit der Raumsonde verbunden und sendet einen Alarm aus, sobald die Strahlendosis bestimmte Grenzwerte überschreitet, damit die Geräte ausgeschaltet werden können, bis sie wieder in Zonen mit Strahlungswerten innerhalb der Grenzen liegen, erklärt Wojciech Hajdas, der die Entwicklung dieses Instruments geleitet hat.

Natürlicher Teilchenbeschleuniger

RADEM hat auch die Aufgabe, die komplexen Strahlungsgürtel des Jupiters zu kartieren und Informationen über deren Umgebung und die darin enthaltenen Teilchen zu sammeln. «Das Jupitersystem ist völlig einzigartig – es ist eine der strahlungsintensivsten Umgebungen im gesamten Sonnensystem, ein gigantischer, natürlicher Teilchenbeschleuniger», sagt Hajdas. «Dies ermöglicht nicht nur einen tiefen Einblick in die grundlegenden Gesetze der Physik – Modelle der dort stattfindenden Wechselwirkungen könnten auch auf andere Systeme angewandt werden, etwa auf die Sonnenaktivität und deren Auswirkungen auf den Strahlungsgürtel und die Magnetosphäre der Erde.» 

Gibt es dort Lebensraum? 

«Die bei früheren Missionen und durch Beobachtungen von der Erde aus gesammelten Daten haben zu zahlreichen Spekulationen und Berechnungen über die Existenz von Leben auf den Jupitermonden geführt», erklärt Hajdas. «Juice wird uns helfen, das komplexe Jupitersystem besser zu verstehen. Es geht nicht darum, Leben zu finden, sondern darum, die Umgebung besser zu verstehen, um festzustellen, ob sie ein möglicher oder unmöglicher Lebensraum für Leben ist.»