Die Jak-40 von SibNIA, einem Forschungszentrum aus Nowosibirsk, hat in ihren fast 50 Lebensjahren schon jede Menge mitgemacht. 1973 gebaut, begann die Maschine ihre Laufbahn als Regionaljet für Aeroflot in Litauen. Nach der Wende kam sie nach Sibirien, flog ab 1993 für SibNIA, gab ein Intermezzo im Charterverkehr, um im Anschluss daran wieder ganz im Dienst der Forschung zu stehen. Für SibNIA testete die heute als RA-87251 registrierte Jak-40 Composite-Tragflächen und flog zuletzt mit zwei Honeywell- anstatt, wie früher, mit drei Iwtschenko-Triebwerken.

Honeywell am Heck, Propeller auf der Nase

Die beiden US-Turbofans hat das Flugzeug behalten, doch das ist nur noch Nebensache. Denn seit Dezember 2020 besitzt die Jak-40 nicht nur Motoren am Heck, sondern auch einen am Bug: SibNIA will mit der RA-87251 ins Elektro- und Hybridzeitalter einsteigen: Der kleine Jet erhielt einen neuartigen Hochtemperatur-Supraleitermotor (HTSC) des russischen Herstellers SuperOx. Der Motor treibt einen auf der Flugzeugnase sitzenden Propeller an und soll nach Herstellerangaben 500 kW Leistung bringen. Er ist an ein Kühlsystem mit flüssigem Stickstoff angeschlossen, das den Supraleiter auf Betriebstempemperatur hält: minus 197° Celsius.

«Elektro-Jak» erstmals im Flug

Aus Russland heisst es, dass der Wirkungsgrad dieser Art von E-Motor bei rund 98 Prozent liege. Die Leistungsdichte eines solchen Hochtemperatur-Supraleiters sei ausserdem deutlich höher als bei herkömmlichen Elektromotoren, was ihn für Flugzeuge besonders attraktiv mache. Seine Feuertaufe im Standlauf hat der Supraleiter bereits kurz nach dem Einbau in die Jak-40 bestanden: Anfang Februar folgten in Nowosibirsk erste Rollversuche im Freien. Bei diesen Tests wurde untersucht, wie sich die Komponenten des Elektromotors im Betrieb auf die Systeme des Flugzeugs auswirken.

Auf dem Aviasalon MAKS in Schukowski wurde die «Elektro-Jak» erstmals im Flug vorgeführt – unter Zuhilfenahme des Spezialmotors im Bug. Es war die zweite Hybrid-Premiere in Schukowski, neben dem Ultrakurzstratflugzeug «Partizan»: einer Antonow An-2 mit acht E-Motoren, die nur 50 Meter Startstrecke benötigt.

Der HTSC-Motor ist Teil eines hybriden Antriebssystems, das SibNIA mit der Jak-40 erproben möchte. Dort, wo bei einer normalen Jak-40 das mittlere Triebwerk sitzt, haben die Ingenieure zudem eine Turbowellen-Gasturbine installiert, die mit einem Elektrogenerator verbunden ist. In der Kabine führt das Flugzeug eine Reihe von Lithium-Ionen-Akkus mit.

Tests sind bis 2022 geplant

Das Forschungsprojekt soll bis 2022 andauern und den SibNIA-Ingenieuren wichtige Erkenntnisse über die Anwendbarkeit solcher Antriebssysteme für die Luftfahrt liefern. Anvisiert ist die Entwicklung eines Elektro- oder Hybridantriebs für ein neun- bis 18-Sitziges Regionalflugzeug. Der Einsatz eines solchen Antriebs werde «den Kraftstoffverbrauch um bis zu 70% senken und die schädlichen Emissionen erheblich reduzieren», betont Andreij Dutow, einer der am Projekt beteiligten Forscher.

Sergeij Samojlenkow, Generaldirektor von SuperOx, ergänzt stolz: «Wir sind die ersten, die mit den Tests im Rahmen eines fliegenden Labors beginnen.»

Das hybride System soll gleich mehrere technische Probleme lösen, mit denen der Luftverkehr konfrontiert ist. Hochtemperatur-Supraleitermotoren haben einen Wirkungsgrad von 98 Prozent sowie eine deutlich höhere Leistungsdichte. Damit könnte der Kraftstoffverbrauch um bis zu 70 Prozent sinken. Russland will die neue Technologie zur Herstellung von Motoren und elektrischen Leistungskomplexen für vollelektrische Flugzeuge und Hubschrauber nutzen.