Am 29. August 2016 kollidierte eine F/A-18 C Hornet der Schweizer Luftwaffe mit der westlichen Bergflanke des Hinter Tierberg in der Region Sustenpass. Der Pilot kam dabei ums Leben. Das Flugzeug wurde durch den heftigen Aufprall vollständig zerstört. Korpskommandant Aldo C. Schellenberg, damaliger Kommandant der Luftwaffe, erteilte der Militärjustiz am 29. August 2016 den Auftrag, eine vorläufige Beweisaufnahme durchzuführen. Diese dient dazu, den Sachverhalt abzuklären und festzustellen, ob allenfalls die Voraussetzungen für eine Voruntersuchung gegeben sind.

Radaraufschaltung misslang

Wie die Untersuchungsrichter in ihrem Schlussbericht festhalten, ereignete sich der Unfall im Rahmen eines Kampfflugtrainings. Kurz nach dem Start der Zweierpatrouille auf dem Militärflugplatz Meiringen wollte der später verunfallte Pilot seinen Radar auf das Flugzeug des vorausfliegenden Piloten (Leader) aufschalten, damit er ihm mit seinem Radar folgen konnte. Dies misslang, da sich gemäss den Untersuchungsergebnissen das Flugzeug des Leaders aufgrund von zeitweiligen Abweichungen von den Standardvorgaben für den Steigflug im gewählten Suchmodus wahrscheinlich ausserhalb des Sichtbereichs des Radars des nachfolgenden Flugzeugs befand.

Anweisungen durch den Flugverkehrsleiter

In der Folge nahm der später verunfallte Pilot Kontakt mit dem Flugverkehrsleiter von Meiringen auf, um weitere Instruktion zu erhalten. Dieser gab ihm die Anweisung, auf eine Flughöhe von 10'000 Fuss (3'048 m ü. M.) zu steigen. Der Pilot führte die Anweisungen des Flugverkehrsleiters aus. 58 Sekunden nach diesem letzten Funkverkehr kollidierte der Pilot auf einer Höhe von 3'319 m ü. M. ca. 11 Meter unterhalb des Grats des Hinter Tierbergs mit der Westflanke des Bergs. Der Pilot wurde durch den heftigen Aufprall sofort getötet, das Flugzeug vollständig zerstört. Gemäss den geltenden Vorschriften beträgt die Mindestflughöhe für das Instrumentenflugverfahren im Luftraum, in dem sich der Unfall ereignete, 15'000 Fuss (4'572 m ü. M.). Der Flugverkehrsleiter hat somit dem Piloten mutmasslich eine zu tiefe Flughöhe angegeben. Zusätzliche Faktoren technischer Natur könnten für den Unfall ebenfalls mitursächlich sein. Eine weitere Ursache für den Flugunfall könnte sein, dass der Leader die Standardvorgaben für den Steigflug nicht vollständig beachtete. 

Voruntersuchung beantragt

Die Untersuchungsrichter kommen zum Schluss, dass der verunfallte Pilot in der Startphase den Radarkontakt zum Leader verlor, aufgrund der Anweisungen des Flugverkehrsleiters bis zu einer Höhe von 10'000 Fuss aufstieg und in der Folge in einer kontrollierten Fluglage mit der Westflanke des südlich vom Hinter Tierberg gelegenen Grats kollidierte.

Aufgrund der Untersuchungsergebnisse besteht ein Anfangsverdacht gegen den Flugverkehrsleiter der Skyguide SA auf fahrlässige Tötung (Art. 120 MStG) sowie der Störung des öffentlichen Verkehrs (Art. 169a MStG). Die Untersuchungsrichter beantragten dem Oberauditor deshalb, gegen den Flugverkehrsleiter eine Voruntersuchung anzuordnen. 

Standardvorgaben nicht vollständig eingehalten?

Im Weitern kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass das Verhalten des Leaders im Steigflug mitursächlich für den Flugunfall ist, in dem er die Standardvorgaben für den Steigflug nicht vollständig einhielt. Somit besteht ein ausreichender Anfangsverdacht gegen den Leader auf Nichtbefolgung von Dienstvorschriften (Art. 72 MStG), Missbrauch und Verschleuderung von Material (Art. 73 MStG) sowie auf fahrlässige Tötung (Art. 120 MStG). Deshalb beantragten die Untersuchungsrichter dem Kommandanten, der die vorläufige Beweisaufnahme anordnete, ebenfalls eine Voruntersuchung gegen den Leader anzuordnen.

Unschuldvermutung gilt

Die konkrete Prüfung, ob die genannten Tatbestände erfüllt sind, hat im Rahmen dieser Voruntersuchungen zu erfolgen. Für die Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung. Der Oberauditor, Brigadier Stefan Flachsmann, sowie der Chef Kommando Operationen, Korpskommandant Aldo C. Schellenberg, haben den Anträgen der Untersuchungsrichter stattgegeben.

Skyguide bedauert

Bereits früh wurde bekannt, dass Skyguide eine Mitverantwortung für den Unfall trägt. Dies wurde durch den heute veröffentlichten, detaillierten Bericht der Militärjustiz bestätigt. Skyguide bedauert zutiefst, dass Handlungen der Flugsicherung zum Unfall beigetragen haben, teilt das Unternehmen mit. Gemeinsam mit allen Beteiligten habe Skyguide Lehren aus diesem Unfall gezogen, um die Sicherheit in der militärischen Luftfahrt weiter zu erhöhen. Eine unmittelbar nach dem Unfall von skyguide durchgeführte interne Untersuchung habe Verbesserungspotential in den Bereichen Infrastruktur, Verfahren und Aus- und Weiterbildung geortet. Seit 2017 hat Skyguide gemeinsam mit der Luftwaffe insgesamt zwölf Verbesserungsmassnahmen identifiziert und setzt diese seither schrittweise um.