Nachdem Airbus sein Kippflügel-Projekt Vahana zugunsten des City Airbus vergangenes Jahr eingestellt hatte, entschlossen sich fünf der Experten aus dem früheren Vahana-Team, eine eigene Firma in Kalifornien zu gründen. Die fünf Airflow-Gründer Peter Kalogiannis, Geoff DuBridge, Don Fung, Robbie Bunge und Marc Ausman starten den Versuch, in einen noch vollkommen unerschlossenen Markt vorzustossen. Ziel von Airflow ist es, ein Luftlogistiknetzwerk aufzubauen, um Fracht über kurze Strecken schnell und kostengünstig zu befördern, indem der brach liegende Luftraum über Städten genutzt wird.

Ambitionierte Vision

Ziel der Entwicklung von Airflow ist ein kleiner eSTOL-Frachter, der eine extrem kurzen Startbahn von nur 50 Meter benötigen und mit einer Pistenlänge von 100 Metern für die Landung auskommen soll. Das mit einem Doppelleitwerk, einem Druckpropeller sowie 10 kleine, über den Flügel verteilten E-Motoren zur Erzeugung des Hochauftriebs zu entwickelnde Flugzeug soll einsitzig geflogen bis zu 225 kg Fracht sozusagen von Tür zu Tür fliegen. So zumindest die Vision. Airflow ist der Meinung, mit reinen Entwicklungs- und Zertifizierungskosten von etwa 200 Millionen US-Dollar auszukommen. Dies im Vergleich zu Kosten im Umfang von etwa 700 Millionen Dollar für eine rein eVTOL-Konstruktion.

Das Airflow-Gründungsteam spricht gerne über das eigene Know-how, dass sich aus früheren Arbeiten an Projekten von Airbus (Vahana), Eclipse Aviation, Northrop Grumman, Uber Elevate, Airware und Scaled Composites ergeben habe.

Unterschied zwischen eSTOL und eVTOL

Unter dem Gesichtspunkt der Zertifizierung sind eSTOL-Flugzeuge konventionelle Flugzeuge mit neuer Technologie, deren Fokus es ist, Kurzstartfähigkeiten zu ermöglichen. eSTOL-Flugzeuge können gemäss den Standards von FAR Part 23 zertifiziert werden, während eVTOL-Flugzeuge aufgrund ihrer komplexeren Systeme und potenziellen Ausfallmodi nach einem komplizierteren und teureren Verfahren zertifiziert werden müssen, und an denen bis heute noch ohne abschliessendes Ergebnis gearbeitet werden muss.

«Die Nachfrage nach E-Commerce steigt weiter, und wir befinden uns im Aufbau einer neuen kostengünstigen Funktion, um dieses Wachstum zu ermöglichen», erklärte Marc Ausman, Mitbegründer und CEO des Unternehmens. «Unser Ansatz bestand von Anfang an darin, uns auf ein einfaches Flugzeugdesign mit genau definierter neuer Technologie zu konzentrieren.»

Bedarf an Logistikkapazitäten wächst

Die ehemaligen Airbus Vahana-Teammitglieder, die über insgesamt 60 Jahre Erfahrung in der Luft- und Raumfahrt verfügen, stellten fest, dass eSTOL-Flugzeuge zu einem Drittel der Betriebskosten von elektrischen vertikalen Start- und Landungsflugzeugen (eVTOL) betrieben werden könnten. Dem als Urban Air Mobility (UAM) bezeichnete Transportsystem, bei dem Flugzeuge der nächsten Generation eingesetzt werden, um Fracht und Menschen auf dem Luftweg in und aus städtischen Gebieten zu befördern, soll die Zukunft gehören. Es gehe dabei um die Verkürzung der Lieferketten, betonen die Airflow-Gründer. Der Bedarf an Logistikkapazitäten für mittlere Strecken (zwischen 50 und 200 Meilen) steigt aufgrund des E-Commerce-Wachstums erheblich. «Um diesem Bedarf gerecht zu werden, kann der Luftlogistikdienst von Airflow-Fracht z.B. auch zeitkritische medizinische Versorgung direkt zwischen Lagern transportieren, ohne traditionelle Flughäfen nutzen zu müssen.»

Auch in Europa umsetzbar?

Für europäische Verhältnisse eine noch eher unvorstellbare Betrachtung, was die Erfassung des unteren Luftraums betrifft. Ganz so abwegig ist dies gemäss Forschern des DLR, die sich zumindest mit der Integration unbemannter Dohnen in diesem Bereich schon beschäftig haben nicht.

Airflows Hardware-Konzept – ein Kurzstarter-Flugzeug mit hoher Zuladungsmöglichkeit auf Basis verteilter Antriebe – tönt umso spannender, da weltweit auch in grösserem Massstab auf diesem Sektor geforscht wird (NASA X-57, Daher EcoPulse, APUS i-5). Noch fehlen jedoch detaillierte Angaben über die eigentliche Technik des eSTOL-Transporters, wie auch etwa die Art des Hauptantriebes, ob rein elektrisch betrieben oder als Hybridflugzeug ausgelegt.

Doch zunächst geht es dem Gründungsteam erst einmal darum, die nötigen Mittel aufzutreiben. Ungeachtet dessen ist Airflow überzeugt, dass das eSTOL-Flugzeug bereits 2025 in den Serienbau gehen wird.