Die Wasserrettung wird von verschiedenen Organisationen wahrgenommen. Bei schwer zugänglichen oder gefährlichen Einsatzorten kommt der Rettungshelikopter zum Einsatz. Die Seerettung ist komplex. Damit die Abläufe zwischen den verschiedenen Rettungsorganisationen funktionieren, wird regelmässig gemeinsam geübt. So wie Ende August auf dem Hallwilersee.

Das Szenario

Szenario der Seerettungsübung: Motorboot kollidiert mit Kursschiff. Mehrere Verletzte, eine Person wird vermisst. Für diese wurde der Heli gerufen. Chefpilot der AAA Alpine Air Ambulance, Sascha Fleischmann sass während der Übung am Steuer des Rettungshelikopters Christoph Liechtenstein (damit Lions 1 zum Wohle der Bevölkerung jederzeit einsatzbereit ist, wird für Übungseinsätze jeweils ein anderer Helikopter eingesetzt). Er erklärt, welche Herausforderungen aus fliegerischer Sicht bei der Wasserrettung bestehen: «Die grösste Challenge ist die Sicht. Aus der Höhe, der Distanz, haben wir die zwar den grösseren Blickwinkel. Doch das Wasser spiegelt sich, der Antrieb des Helikopters sorgt für zusätzlichen Wellengang. Das ist fast wie im Blindflug.»

Gurtschlaufe ist Spezialanfertigung 

Die Wasserrettung erfordert von der Besatzung ein hohes Mass an Koordination, Geschick und Erfahrung. Fleischmann sagt: «Bei der Wasserrettung muss ich mich hundertprozentig auf die Crew verlassen können. Es geht nicht nur um die fliegerische Herausforderung. Wasserrettung ist immer Teamwork. Wir sind zu dritt. Rettungssanitäter, Notarzt und Pilot. Jeder weiss, was er zu tun hat. Wir lassen den Notarzt an der Winde ins Wasser, er muss genau wissen, wie er die Gurtschlaufe um den Patienten legt.»

Der Notarzt wird entweder an einer Winde oder am Seil heruntergelassen. Helikopter Lions 1 der auf der Basis Birrfeld stationiert ist, ist mit Seil und Gurt ausgestattet und kann in jedem Gewässer der Schweiz eine Wasserrettung durchführen. Christoph Liechtenstein verfügt über eine Winde, deshalb wurde bei der Übung am Hallwilersee der Einsatz an der Winde gezeigt. Der Gurt, den AAA-Notarzt Dr. med. Stefan Wolff beim Herablassen dabei hat, ist eine Spezialanfertigung. Denn Ertrinkende klammern sich instinktiv an das Erste, was sie greifen können, und das wären sonst die Beine des Notarztes. Wolff sagt: «Eine grosse Herausforderung im Wasser ist sicherlich die Temperatur. Selten ist es so warm wie während der Übung. Zum anderen kann die Strömung in Flüssen zum Problem werden. Und es fehlt die Kommunikation mit dem Helikopter, weil ich das Funkgerät nicht mit ins Wasser nehmen kann. Da helfen nur Handzeichen und regelmässiges Üben der Abläufe.»

Ertrinkende sind in Panik

Auch aus einsatztaktischer Sicht sind Ertrinkende eine Herausforderung für den Notarzt: «Ertrinkende sind in Panik und nicht zu sinnvoller Kooperation fähig. Das kann es schwierig machen, dem Patienten die Rettungsschlinge anzulegen. Deshalb haben wir zusätzlich eine aufblasbare Rettungsboje, die wir dem Patienten zuwerfen können, damit er etwas zum Festhalten hat.» Es findet keine Erstversorgung im Wasser statt, sondern es geht darum, den Patienten aus dem Wasser zu holen und an Land zu bringen. Mit dem Notarzt und dem Patienten am Seil hängend muss der Pilot vor allem an Ort und Stelle schweben. 

Fleischmann erklärt weiter, dass es sich bei einer Wasserrettung um einen Wettlauf gegen die Zeit handelt. «Da die Gefahr besteht, dass die Person unter Wasser bereits eine kritische Zeit ohne Sauerstoff verbracht hat, ist es wichtig, dass wir sofort eingreifen können und nicht auf eine andere Partei warten müssen.»

Medizinisch gesehen sind Unterkühlung und das Einatmen von Wasser die vorrangigen Probleme. Notarzt Stefan Wolff ergänzt: «Je nach Unfallhergang kommen eventuell Verletzungen dazu, die eine schonende Rettung nötig machen, sofern der Patient bei Bewusstsein ist und Zeit sowie technische Möglichkeiten dies zulassen.»

Trainiert wird im Container

Seerettungs-Übungen mit den Blaulichtorganisationen finden mehrmals jährlich statt, um die Fähigkeiten zu verbessern und zu koordinieren.  Bei gemeinsamen Grossübungen werden verschiedene Szenarien durchgespielt. Auch die AAA Alpine Air Ambulance trainiert regelmässig intern die Wasserrettung:  «Wir haben einen eigenen Container, in dem wir die Wasserrettung üben,» erklärt Fleischmann. Wasserrettungen kann man nicht verallgemeinern, jede ist anders.

Insgesamt waren bei der Seerettungsübung auf dem Hallwilersee fast 100 Personen im Einsatz. Für Rettungshelikopter-Pilot Sascha Fleischmann und sein Team ein wichtiger Event: «Solche Übungen sind für alle Beteiligten wichtig. Die interdisziplinären Abläufe sind komplex, die Kommunikation zwischen den verschiedenen Parteien ist wichtig. Aus jeder Übung kann man lernen, Abläufe können optimiert werden. Das kommt schlussendlich dem Patienten zugute.»