Bereits ihre Brevetierung im Dezember 2017 hatte ein grösseres mediales Echo ausgelöst und das Interesse an ihrer Person liess seither nicht nach. Deshalb wurde sie am gestrigen Dienstagnachmittag den Medien offiziell vorgestellt. Rund 60 Journalisten richteten Tonaufnahmegeräte und Kameraobjektive auf sie. Ihr behagte das nicht unbedingt. Sie verdiene nicht mehr Aufmerksamkeit als ihre Kameraden, denn sie alle hätten dieselbe Ausbildungsschritte mitgemacht und auf das gleiche Ziel hingearbeitet, stellte die Tochter eines Linienpiloten klar.

Interesse für den Beruf wurde im Gymnasium wach

Sie habe sich stets für die Aviatik interessiert, auch durch ihr Umfeld. Pilotin sei aber kein Wunschberuf gewesen. Erst als sie im letzten Jahr am Gymnasium auf den Beruf des Militärpiloten aufmerksam wurde wusste sie, dass sie diesen Weg einschlagen wollte. 2009 absolvierte sie das SPHAIR-Screening und jetzt, zehn Jahre später, ist sie Mitglied der Fliegerstaffel 18.

Ihre Ausbildung führte noch über ein Studium an der ZHAW Winterthur. Sie begrüsse die Entwicklung der Ausbildung. Diese sei jetzt für junge Leute interessanter, weil sie schneller ins Cockpit eines Helikopters oder Jets kämen. Später hätten sie immer noch die Möglichkeit eine akademische Ausbildung zu absolvieren.

Zehn Jahre nach ihrer Entscheidung, Kampfpilotin zu werden, sitzt die 28-Jährige nun seit Januar im Kampfjet und nimmt am täglichen Geschwaderflugdienst teil, wo sie ihren Beitrag an Luftpolizeieinsätzen oder Luftkampfübungen leistet.

Ihr Job sei ihre Leidenschaft, ihre Berufung. Starke Worte einer jungen ambitionierten Frau, auf die sie eindrückliche Taten folgen liess. Der Werdegang der ersten Kampfjetpilotin der Schweiz liest sich denn auch, als habe es für sie nur einen Weg gegeben: jenen hoch hinaus und hinauf in die Lüfte.

Jet war erste Wahl

Während der Selektion blieb Chollet für die Sparten Helikopter und Jet offen. Auch weil sie wusste, dass die Kapazitäten limitiert sind. Um mehr über die Helikopterfliegerei zu erfahren, habe sie vor der Selektion einige Monate in einer zivilen Helikopterfirma gearbeitet. Trotzdem blieb der Jet ihre erste Wahl. Die Aufgaben im Luftpolizeidienst und in der Verteidigung hätten ihr zugesagt und eine solche Maschine hätte sie im zivilen Bereich nie fliegen können. Jetzt habe sich der Traum erfüllt, so Chollet.

Als logische Konsequenz ihrer derzeitigen Ausbildung werden bald schon die nächsten Schritte folgen: Ein Führungskurs zum Hauptmann, internationale Trainingskampagnen und die taktische Ausbildung zum Leader einer Zweierformation (section lead) stehen auf ihrem Programm.

Ein wenig Privates verriet die 28-jährige Waadtländerin auch. «Ich treibe viel Sport, um fit für den Job zu sein, ausserdem ist es eine tolle Ablenkung, sagt sie». Zudem verbringe sie soviel Zeit wie möglich mit Familie und Freunden und engagiere  sich in der APPA (Anm.d.Red.: L'association pour la promotion du patrimoine aéronautique, der Verein organisiert auch das Rencontres internationales d'oldtimers «RIO» in Ecuvillens).

«Ein Leuchtturm für die Luftwaffe»

Den Frauen stehen nicht nur in der Luftwaffe, sondern in der gesamten Schweizer Armee die Türen weit offen. Die Zahlen sind allerdings aktuell noch bescheiden: Nur etwas mehr als 900 von rund 120'000 aktiven Angehörigen der Armee waren im Jahr 2017 Frauen.

«Fanny Chollet ist ein Leuchtturm für uns. Denn grundsätzlich haben wir viel zu wenige Frauen», betonte auch Luftwaffen-Kommandant Divisionär Bernhard Müller. Bisher konnte die Schweizer Luftwaffe zehn Frauen ausbilden, sieben davon fliegen noch aktiv Helikopter.» Seit 2004 stehen Frauen aber alle Funktionen in der Luftwaffe offen.

Dem Nachwuchs am Schweizer Himmel empfiehlt «Shotty», den ersten Schritt in die dritte Dimension bei SPHAIR zu wagen, denn dort beginnt der Einstieg in die militärische wie zivile Aviatik. Der Tipp der ersten Kampfjetpilotin der Schweiz für die Jugend: «Seid motiviert, engagiert und stets vorbereitet. Militärpilot zu sein, ist eine Leidenschaft.»

Die neue Verteidigungsministerin Viola Amherd setzt ebenfalls ein entsprechendes Zeichen: Ans diesjährige WEF reiste sie per Helikopter mit einer reinen Frauencrew und kommunizierte das auch entsprechend.

Fanny «Shotty» Chollet, Jahrgang 1991, ist Berufsoffizier im Rang eines Oberleutnants. Sie ist seit dem 1. Januar 2019 operationell in der Fliegerstaffel 18 in Payerne und erste Kampfjetpilotin der Schweizer Luftwaffe im Cockpit einer F/A-18 Hornet. Ihre militärische Karriere begann 2011 in der Rekrutenschule der Luftwaffe in Payerne. Abverdient hat sie auf den Militärflugplätzen Payerne, Dübendorf und Alpnach. 2012 wurde sie zum Offizier befördert, danach für die Pilotenschule auf PC-7 ausgewählt und ist seither bei der Schweizer Luftwaffe angestellt. Den ersten Teil der Ausbildung hat Fanny Chollet mit der zivilen Berufspilotenlizenz bei Swiss Aviation Training (SAT, heute Lufthansa Aviation Training) durchlaufen und ihr Studium an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) mit dem Bachelor in Aviation abgeschlossen (2012–2015). Anschliessend folgte die Schulung auf der PC-7, die sie mit der Ausbildung auf der PC-21 fortsetzte. Im Dezember 2017 hat «Shotty» das Brevet als Berufsmilitärpilotin erhalten. Letztes Jahr absolvierte Fanny Chollet dann die formellen und taktischen Kurse auf der Hornet und sitzt seit dem 1. Januar 2019 als Flügelstürmer im Cockpit einer F/A-18, um den Schweizer Luftraum zu schützen und zu verteidigen.