Totgesagte leben länger. Das gilt nicht selten auch für hochtechnisierte Projekte. Bahnbrechend könnte ein in jeder Hinsicht fortschrittliches Flugzeugkonzept mit dem Jetcruzer werden, das nun wieder zu neuem Leben erweckt werden soll. In seiner Auslegung galt es schon damals als sehr fortschrittlich.

Erstes trudelsicheres Flugzeug mit FFA-Zertifizierzung

Der ursprüngliche Jetcruzer-Entwurf nahm im März 1983 mit der aerodynamischen Auslegung von  Sandy Burns und dem gebürtigen Ungarn Ladislao Pazmany seinen Anfang. Nach Windkanaltests in San Diego erfolgte die strukturelle Auslegung. Der anschliessende Bau eines Prototyps konnte beginnen und bereits im Oktober 1988 präsentierte man eine Pusherversion eines Canardflugzeugs mit einer 420 SHP starken Rolls-Royce 250-C20S-Wellenturbine auf der NBBA-Convention. Schon ein Jahr später konnte der sechssitzige Prototyp seinen erfolgreichen Erstflug als Jetcruzer 450 durchführen.

Dazu wurde 1990 Advanced Aerodynamics & Structures, Inc. in Burbank/Kalifornien gegründet, die nach einem Umzug in Long Beach Fuss fasste. Es folgten drei einmotorige Vorserienmuster, deren Zertifikationsmuster schon 1992 von der FAA Part 135 die IFR-Zulassung erhielten. Bereits zu jenem Zeitpunkt wurde aber von der RR-Turbine auf die baugleiche  Allison 250-C20S Wellenturbine mit 599 SHP gewechselt. Das Flugzeug galt zu dem Zeitpunkt als trudelsicher und war somit überhaupt das allererste von der FAA-zugelassene Flugzeug, dass diese Zusatzauszeichnung erhielt! Das heisst, dass auch dank des Canardflügels ein Überziehen des Flugzeugs und ein daran anschliessendes Trudeln nicht möglich war.

Trotz Zulassung keine Serienfertigung

Das ursprüngliche Jetcruzer-Design und die Vermögenswerte waren damals Eigentum von Advanced Aerodynamics & Structures, Inc.. Es wird geschätzt, dass AASI fast 150 Millionen USD für Konstruktion, Entwicklung und FAA-Musterzulassung des in der seinerzeit üblichen Ganzmetallbauweise für das Flugzeug ausgegeben hat. Der drucklosen Version folgte eine druckbelüfte Version als Jetcruzer 500, die von einer der drei Vorserienmuster des Typs Jetcruzer 450 abgeleitet und umgerüstet mit einem Kunststoffrumpf ausgestattet wurde.

Immerhin konnte man damals 188 Bestellungen für den flotten Vogel in den Auftragsbüchern verzeichnen. AASI gab einen Preis von nur knapp 1,5 Millionen Dollar an. Die Übernahme von Mooney durch AASI führte schliesslich zum Stillstand des Projekts, weil Mooney sich auf die vorhandenen Modelle konzentrierte. AASI veräusserte das Gesamtprojekt Jetcruzer, was nochmals  die Besitzer wechselte, ohne dass es zu einer Serienaufnahme trotz Zulassung kam.

Investoren gesucht

Victor Tao, inzwischen auch CEO des Airpart-Herstellers Farrar Aerospace, kaufte 2016 alle Jetcruzer-Vermögenswerte und Rechte. Jetcruzer International, LLC, wurde 2017 gegründet, die nun einen der noch vorhanden Prototpyen entkernt haben und den für Flugversuche nochmals flugtüchtig machen. Jetcruzer International wird das Design des Jetcruzer 450 durch die Installation eines elektrischen Antriebssystems modifizieren.

Der Jetcruzer 450 und das Modell 500 sollen mit grösserer Reichweite als elektrische Brennstoffzellen- bzw. Hybrid-Elektroflugzeuge auf den Markt gebracht werden. Der zu installierende Elektromotor ist der flüssigkeitsgekühlte Direktantriebs-Elektromotor. Mit dem vorgesehenen 560 kW-Elektromotor wurden bereits Testflüge mit Flugzeugen ähnlicher Grösse und und vergleichbarem Gewicht durchgeführt. Das System soll Kraftstoffkosten und umweltschädliche CO2-Emissionen eliminieren.

Wann die Umrüstungen fertiggestellt sind und erste Flüge mit dem elektrischen Antriebssystem erfolgen sollen, konnte das Unternehmen noch nicht mitteilen. Noch sucht Jetcruzer International nach Investoren, um etwa 50 Millionen US-Dollar am freien Kapitalmarkt aufzubringen. Die werden zusätzlich benötigt, um den Jetcruzer 450E auch zur erweiterten Zertifizierung und zur geplanten Produktion zu führen. Zunächst sind für den E-Antrieb nur Lithium-Ionen-Batterien vorgesehen. Sowie zugelassene Brennstoffzellensysteme zur Verfügung stehen, will man diese dann auch in das Antriebssystem integrieren.