Verteidigungsministerin Klaudia Tanner hob in ihrer Ansprache neben den vielschichtigen Aufgaben der Saab 105 OE besonders die Leistungen des Personals hervor: «Das ist das Ende einer wirklich beeindruckenden Ära. Nur durch die herausragenden Leistungen unserer Techniker und der Piloten, die diesen Jet bis zur Perfektion beherrschten, war bis zuletzt ein auch sicherer Flugbetrieb möglich. Gerade am kritischen Ende einer so langen Systemlaufzeit hat ihr Engagement den reibungslosen und unfallfreien Flugbetrieb garantiert.»

Beeindruckende Statistik

Mit gesamthaft über 156'500 Flugstunden und rund 254'000 Einsätzen beendet das seltene Muster nach 50 Jahren nun mit Jahresende seinen aktiven Dienst. Die schwedischen «Schwestermaschinen» Sk60 (aufgewertet mit J44 Turbofans statt der J85 Turbojets der 105) sollen hingegen noch bis 2025 dienen.

Österreich bestellte im Jahr 1968 20 Maschinen und im Jahr darauf nochmals 20, welche eigentlich für Pakistan gebaut wurden. Die ersten drei Flugzeuge landeten am 2. Juli 1970, aber ihre grosse Stückzahl – mögliche Hintergründe für die zweite Tranche beschäftigte in Folge auch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss – verunmöglichte im Lichte einer diesbezüglich desinteressierten Politik und Öffentlichkeit auch für 20 Jahre die Beschaffung von Überschallgerät. Jenes kam – 40 Jahre nach Chuck Yeagers Überwindung der Schallmauer – in Gestalt gebrauchter Saab J35OE Draken erst ab 1988.

Die Aufgaben der Saab 105 OE waren einst breit gefächert: Von der Aufklärung und Feuerunterstützung der Bodentruppen mit 3cm «Aden»-Kanonenbehältern und 7,5cm ungelenkten Raketen, über VIP-Transporte in viersitziger Ausführung und Spüraufgaben zur Detektion radioaktiver Verseuchung oder der Ausbreitung von Asche oder Giftwolken, bis hin zur Luftraumüberwachung (ebenfalls mit den 3cm Kanonen). Besonders erwähnt wurde in der Typenchronik der Abfang einer türkischen C-160 Transall Transportmaschine im August 1973 und der darauffolgende Landezwang in Innsbruck. Oder die Rolle der «105» im Sicherungseinsatz an der Südgrenze Österreichs im Zuge der Jugoslawienkrise 1991. 14 Maschinen waren im Einsatz und flogen nach Luftraumverletzungen durch MiG-21 und G-2 Jastreb verstärkte Patrouillen und Überwachungsflüge entlang der Staatsgrenze.

Stütze in (ungeliebter) Luftraumüberwachung

Seit 1991 und bis zuletzte schulterten die zwischen 10 und 12 «105» einen Teil des aktiven Luftpolizeidienstes, 14-täglich alternierend mit den 15 Tranche-1 Eurofighter-Einsitzern. Jene als – in Österreich – als sehr teuer empfundene bzw. ungeliebte bis innenpolitisch «toxische» Speerspitze soll jetzt alleine weitermachen, was von Geschwaderangehörigen aber als mit offenem Ende nicht möglich bezeichnet wird, zumindest nicht ohne Upgrade.

Nach der Ausserdienststellung der «105» stellt sich auch hier und zwar verdringlicht die Frage nach der längerfristigen Luftraumlösung über der Alpenrepublik.  

Einsatz in der Ausbildung

Insgesamt 167 Militärpiloten absolvierten ihre erste Jet-Ausbildung auf der Saab 105 OE. Piloten wurden im Einsatzflugbetrieb in allen benötigten Fertigkeiten wie Luftkampf, Luftraumüberwachung, Luftspüreinsätze, Feuerunterstützung geschult. Bei der Teilnahme an zahlreichen Airshows und Flugmeetings konnten die österreichischen Piloten ihre aussergewöhnlichen Fähigkeiten unter Beweis stellen. Besonders in Erinnerung bleibt die Kunstflugstaffel «Karo As» oder das Kunstflugteam «Silver Birds» Mitte der 70iger Jahre.

Im September 1993 flog die erste Maschine in einer «Tiger»-Lackierung, angelehnt an das Staffelabzeichen. 2013 wurde die «Tigerstaffel» Mitglied in der NATO-Tiger-Association, im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden.

Offiziell kein Nachfolger, aber…

Nachdem die Politik des neutralen Österreich seit gut 15 Jahren weiss bzw. darauf hingewiesen wurde, dass Ersatz für die «105» zu entscheiden wäre, hat bislang auch die gegenwärtige Koalition aus ÖVP und Grünen die teure Thematik der Zukunft der Luftraumüberwachung hinausgeschoben. Im Juli wurde fürs Erste aber offiziell entschieden, dass kein Nachfolger beschafft würde – wohl bewusst, dass dies sowohl ansteigende Eurofighter-Stunden als auch weiter ansteigende Millionen an Kosten für die Nachbildung von Einsatzpiloten in Phase-4 im italienischen Lecce bzw. in Decimomannu (auf MB.339 und T.346) bzw. Phase-5 in Rostock/Laage (auf EF-Zweisitzer) verursacht. Dort bzw. zuvor schon in Cold Lake/Kanada wird seit etlichen Jahren Training zugekauft, nachdem Layout bzw. Ausrüstung der «105» – trotz eines kleinen Avionik-Updates auf wenigen Stück – einen Umstieg auf den EF nicht mehr hergab.

Hinter den Kulissen wird aber sehr wohl kommuniziert, dass man mittelfristig eine kleine Anzahl eines zweiten «Standbeines» braucht. Vorderhand fragte man aber bei Firmen bzw. Luftwaffen die Fähigkeiten zur Beistellung von bis zu 500 Stunden/Jahr für bis zu acht Piloten ab.

«Letzte Worte»

Streitkräftekommandant GenLt. Franz Reissner sagte anlässlich der Abschiedsfeier am 11. Dezember: «Die gesamte Saab-105-Community, von den Staffeln bis in die ministerielle Ingenieursebene, hat stets aus viel zu wenig unglaublich viel gemacht und mit Ideenreichtum die «105» bis heute am Leben erhalten. Es ist die sogenannte Airmenship eben eine hochklassige im österreichischen Bundesheeer. Anders würden z.B. österreichische Fluglehrer im italienischen Lecce nicht über viele Jahre akzeptiert und hochgeschätzt werden. Durch Zukauf von Leistungen im Ausland allein, kann diese spezielle österreichische Airmenship aber nicht gepflegt bzw. aufrechterhalten werden. Wir müssen dazu schon in allen Systemen selbtbestimmt und unter Eingehen auf unseren eigenen Zugang arbeiten können. Ich hoffe, dass die künftigen Entwicklungen jener österreichischen Airmenship – die auch Garant der Luftraumsicherheit ist – gerecht werden. Ich wünsche mir die Bereitschaft von Politik aber auch von Medien und Gesellschaft, dem Bundesheer die notwendigen Ressourcen für seine Aufgaben zur Verfügung zu stellen.»

Eine Analyse der Luftverteidigung in Österreich von Militärluftfahrtspezialist Georg Mader lesen Sie in der gedruckten «Cockpit»-Ausgabe 1/21 (erscheint ab dem 22. Januar).