Die Windenrettung ist ein wesentlicher Bestandteil der Luftrettung. Sie ist ein spezielles Verfahren, um Patientinnen und Patienten in schwierigem Gelände wie Gebirgsregionen oder Gewässern zu retten und medizinisch zu versorgen. Eine besondere Herausforderung bei der Windenrettung besteht darin, dass der Pilot die Unglücksstelle selbst nicht sehen kann. Daher ist er auf die Anweisungen des Windenoperators angewiesen, der an der offenen Tür des Helikopters sitzt. Die Rettungscrew wird am Seil hinabgelassen, um die verletzte Person notärztlich zu versorgen und zu retten.

Einzigartige Trainingsanlage

Die AAA Alpine Air Ambulance führt regelmässig Windentrainings durch, um ihre Teams auf herausfordernde Situationen vorzubereiten. So fuhr auch im März eine interdisziplinäre Gruppe von 27 Ärzten, 7 HEMS TC (Technische Crewmitglieder) und 3 RSH (Rettungsspezialist Helikopter) nach Bad Tölz im bayerischen Oberland. Im BW-ZSA Bergwacht-Zentrum für Sicherheit und Ausbildung steht eine weltweit einzigartige Trainingsanlage, mit der Rettungsmannschaften realitätsnah und effizient Einsatzverfahren mit dem Heli­kopter trainieren können.

Simulator für H145 und Super Puma

Die Anlage besteht aus zwei Flugsimulatoren, die an 16 Stahlseilen unter einer riesigen Kranbrücke aufgehängt sind. Die Kran- und Steuerungstechnik sowie die originalgetreue Helikopterzelle vermitteln das Gefühl eines echten Ein­satzes. In ruhiger Umgebung oder mit Spezial­effekten wie Downwash (Rotorabwind) und Helikopterlärm üben die Teilnehmer das sichere Einhängen in die Winde, das Auf- und Abwinden in flachem oder steilem Gelände. Lauri Mangold, Lehrgangsleiter BW-ZSA, erklärt die Vorteile: «Wir haben hier verschiedene Helikoptertypen. Angefangen haben wir mit einem Bell, dem Klassiker in der Luftrettung, es folgten BO105 und BK117. Erst vor einem Monat wurde ein original­getreuer H145 eingeweiht. Ausserdem haben wir hier den ersten echten Super-Puma-Simulator.» In diesem Ausbildungszentrum gelte, so realistisch wie möglich zu trainieren. «Jede Situation, die durch­gespielt wird, kann ‹eingefroren› und nachbesprochen werden, um einen möglichst grossen Lern­effekt zu erzielen. Auch die Platzverhältnisse in den Simulatoren sind so gestaltet, dass sie der realen Situation möglichst nahekommen.» Im Bergwetterraum werden Minustemperaturen bis -20 Grad und durch ein spezielles Gebläse Wind­geschwindigkeiten von bis zu 60 Kilometer simuliert. «So lassen sich extreme Wetterbedingungen trainieren, die eine ganz andere Einsatztaktik erfordern.»

Das Windenseil

Ein wichtiger Bestandteil der Windenrettung ist das Windenseil, das bis zu 90 m lang sein kann und eine Traglast (H135) von 230 kg hält. Das Seil ist an der Seiltrommel der Winde befestigt. Es wird durch eine Öffnung in der Trommel geführt und mit einer Schraube gesichert. Das Seil ist das Transportmittel für den Patienten zusammen mit dem Notarzt und RSH. AAA-Notarzt Dr. Jonas Meister schätzt das Training, vor allem, weil er bei den Übungen mit der Bergwacht reale Szenarien nachstellen kann, die ihm in seiner täglichen Arbeit begegnen. «Das Besondere am Windeneinsatz ist, dass jeder Einsatz anders ist und man sich immer wieder neu auf die Gegebenheiten einstellen muss; man kann nicht vorausplanen. Und zum anderen ist es Teamarbeit pur», bilanziert er.

Teamwork ist Vertrauen

Auch AAA-Notärztin Simone Stracke ist vom Training begeistert: «Das Training macht richtig Spass. Und wenn man an der Winde hängt, muss man sich natürlich absolut darauf verlassen können, dass die Kollegen wissen, was sie tun. Und man muss Vertrauen in das Material haben.» Dieses wird, ebenso wie die Ausrüstung, vor jedem Einsatz kontrolliert. Im Gepäck der Notärzte befindet sich auch ein Ultra­schallgerät. «Dieses hilft uns zum Beispiel, bei der Reanimation schnell festzustellen, ob noch eine Herzaktivität da ist und ob man mögliche Ursachen wie eine Perikardtamponade im Herzbeutel erkennt, die das Herz einengt und damit den Patien­ten auch in den Herz-Kreislauf-Stillstand bringt. Dafür ist das Ultraschallgerät wirklich eine ganz grosse Hilfe», erklärt Dr. Jan Simon, Notarzt auf dem AAA-Helikopter «Lions 1» auf dem Birrfeld.

Windenoperator

Die enge Zusammenarbeit zwischen medizinischem Fachpersonal und technischer Crew ist entscheidend für den Erfolg von Rettungseinsätzen. Eine wichtige Aufgabe beim Einsatz mit der Winde hat der Windenoperator. Dieser steht auf der Kufe des Helikopters und leitet den Piloten mit Anweisungen an. Er überwacht die Position des Helikopters und bedient die Winde. Rettungs­sanitäter HEMS TC Stefan Portenier erklärt, worin die Schwierigkeit liegt: «Die Sicherheit ist natürlich elementar. Als Windenoperator muss ich darauf achten, dass die Notärzte richtig eingehängt und gesichert sind. Ansonsten ist es vor allem Konzentrationsarbeit, die Höhe richtig einzuschätzen und gut miteinander zu kommunizieren, die Anweisungen an den Piloten richtig weiterzugeben.» Die Verständigung erfolgt über Funk und Handzeichen. Teamwork, rasche Entscheidungsfindung und gute Kommunikation sind das A und O einer erfolgreichen Windenrettung. 

Die AAA-Crew war begeistert vom gemeinsamen Windentraining mit den Bergrettern Liechtenstein. Abläufe konnten verinnerlicht und unter realistischen Bedingungen geübt werden. Jedes Training dient der Sicherheit für Crew und Patienten.