Um das Vertrauen ins Reisen zurückzugewinnen, braucht es stabile und einheitliche Rahmenbedingungen. Dies ist für die Luftfahrtbranche dringend notwendig. Denn auch im dritten Quartal haben die Massnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie der weltweiten Luftfahrt und damit auch Swiss International Air Lines (Swiss) stark zugesetzt. Zwar konnte die Fluggesellschaft ihr Angebot in den Sommermonaten sukzessive und über den Erwartungen wieder ausbauen, wie das Unternehmen mitteilt. Zunehmende Reiserestriktionen hätten die sich anbahnende Erholung jedoch ab Mitte August wieder ausgebremst. In den ersten neun Monaten des Jahres 2020 ging der Betriebsertrag gegenüber Vorjahr um 61,8 Prozent zurück und belief sich auf CHF 1,54 Mrd. (gleiche Periode 2019: CHF 4,02 Mrd.). Der operative Verlust weitete sich in den ersten neun Monaten auf CHF 414,7 Mio. (2019: + CHF 489,6 Mio.) aus.

Striktes Cash- und Kostenmanagement

«Angesichts des lähmenden Effekts, den die vielfältigen Quarantänebestimmungen in den letzten Monaten auf das Buchungsverhalten unserer Kunden hatten, entspricht das operative Ergebnis unseren Erwartungen», kommentiert Markus Binkert, CFO von Swiss, das Ergebnis. «Dank eines sehr strikten Cash- und Kostenmanagements ist es uns jedoch im dritten Quartal gelungen, den Mittelabfluss zu minimieren.» Trotz des äusserst schwierigen Marktumfeldes sei Swiss bezüglich des Bankenkredits auf Kurs, die Liquidität damit nicht gefährdet.

Nachfragerückgang im vierten Quartal

Angesichts des neuerlichen Anstiegs der Corona-Fallzahlen in der Welt und der damit verbundenen Verschärfung der globalen Reiserestriktionen wird die Nachfrage im vierten Quartal weiter zurückgehen. Daher wird sich der Verlust bis Jahresende voraussichtlich weiter erhöhen. Zum ersten Mal seit fünfzehn Jahren werde Swiss das Geschäftsjahr mit einem negativen Ergebnis abschliessen, teilt das Unternehmen mit.

Weitere Kostensenkungsmassnahmen im Winterflugplan

Swiss hat ein umfangreiches Restrukturierungsprogramm lanciert, um den staatlich garantierten Bankenkredit schnellstmöglich zurückzahlen zu können und um die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Unter anderem werden weiterhin sämtliche nicht betriebsnotwendigen Projekte und Investitionen über alle Unternehmensbereiche hinweg ausgesetzt. Zur Senkung der Personalkosten setzt Swiss derzeit auf die drei sozialverträglichen Massnahmen Einstellungsstopp, attraktive Teilzeitmodelle mit Lohnverzicht sowie frühzeitige Pensionierungen. Zusammen mit der natürlichen Fluktuation können auf diese Weise in den kommenden zwei Jahren rund 1000 Stellen abgebaut werden.

Ausschliesslich Airbus A220 für Kurz- und Mittelstrecken

Swiss befindet sich hierzu und zu weiteren Kostensenkungsmassnahmen in Gesprächen mit ihren Sozialpartnern. Mit dem Ziel der Kostensenkung hat die Fluggesellschaft ausserdem beschlossen, ihre 28 Flugzeuge der älteren Airbus A320-Familie im Winterflugplan temporär ausser Betrieb zu nehmen. Das Winterprogramm auf der Kurz- und Mittelstrecke wird ausschliesslich mit den effizienteren Airbus A220-Flugzeugen und der Neo-Variante der Airbus A320-Familie durchgeführt.

Drastischer Passagierrückgang in den ersten neun Monaten

In den ersten neun Monaten des Jahres 2020 beförderte Swiss insgesamt 4'315'992 Passagiere, 69,8 Prozent weniger als in der Vorjahresperiode. Insgesamt wurden 41'294 Flüge durchgeführt. Dies entspricht einem Rückgang von 64,1 Prozent gegenüber Vorjahr. In den ersten neun Monaten des Jahres 2020 hat Swiss auf dem gesamten Streckennetz 63,2 Prozent weniger Sitzkilometer (ASK) angeboten, die Anzahl der verkauften Sitzkilometer (RPK) ging um 71,9 Prozent zurück. Der Sitzladefaktor lag bei durchschnittlich 64,2 Prozent und damit 20 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert.

Grosses Langstreckenportfolio dank hoher Frachtnachfrage

Weiterhin hoch war indes die Frachtnachfrage: Bis Ende September führte Swiss durch ihre Luftfrachtabteilung Swiss WorldCargo über 880 reine Frachtflüge durch und transportierte dabei über 18'000 Tonnen Ware. Die anhaltend hohe Frachtnachfrage erlaubt Swiss, ein vergleichsweise breites Langstreckenportfolio anbieten. Seit Beginn des Winterflugplans Ende Oktober fliegt Swiss wieder 16 von 24 Langstreckenzielen an, zwei weitere folgen im März. Damit bedient Swiss am Drehkreuz Zürich im gruppeninternen Vergleich eine überdurchschnittlich grosse Zahl an Langstreckendestinationen, wenn auch weniger oft als ursprünglich geplant. 

75 Prozent weniger Kapazität im Winterflugplan

Oberstes Ziel von Swiss ist es weiterhin, die Schweiz an Europa und den Rest der Welt anzubinden, betont die Tochter der Lufthansa Group. Eine Vielzahl an Reisebeschränkungen und Quarantänebestimmungen sowie die stärker denn je grassierende Corona-Pandemie erschweren dies jedoch zunehmend. So musste das ursprünglich geplante Flugprogramm für den kommenden Winter deutlich nach unten korrigiert werden. Aktuell geht Swiss davon aus, dass sie im Winterflugplan maximal 25 Prozent ihrer Vorjahreskapazität wird anbieten können.

Stabile Rahmenbedingungen notwendig

«Wir werden weiterhin alles tun, um unseren Auftrag, die Schweiz an die Welt anzubinden, bestmöglich zu erfüllen und unseren Fluggästen sicheres Reisen zu ermöglichen», betont Swiss-CEO Thomas Klühr.  Mit einer Erholung der Luftfahrt sei allerdings erst zu rechnen, wenn die Pandemie abflacht und auf Einreiseverbote und Quarantäneregelungen in der aktuellen Form verzichtet wird. Klühr hält fest: «Wenn die nächste Sommerflugplanperiode einen Aufschwung bringen soll, müssen bis dahin stabile, einheitliche und mobilitätsfördernde Rahmenbedingungen in Kraft sein.»