Die Ankündigung auf der Webseite von Eviation klingt vielversprechend: Entwickelt für 9 Passagiere für Distanzen bis zu 650 Meilen bei einer Reisegeschwindigkeit von 240 Knoten – so lauten die Eckwerte des Commuter-Flugzeugprojekts «Alice». «Alice wird den Regionalverkehr als vollelektrisches Flugzeug neu definieren», steht weiter geschrieben. Das vollkommen aus Verbundwerkstoffen bestehende Flugzeug, dessen Modell bereits auf der letztjährigen AERO in Friedrichshafen gezeigt wurde, weist einen Flügel hoher Streckung mit einer Spannweite von 16,12 Metern auf. Der delfinähnliche Rumpf mit Druckkabine hat eine Länge von 12,20 Meter. Die Abflugmasse beträgt 6350 kg haben. Die Antriebspropeller stammen von der amerikanischen Firma Hartzell. Schubdifferenzen, die durch die Drehung der Gierachse entstehen könnten, werden zudem durch eine Fly-b-wire-Steuerung ausgeglichen. Fly-by-wire ist bei Flugzeugen dieser Grössenordnung noch ein Novum.

Elektroantriebe von Siemens

Jüngst teilte Eviation mit, dass die drei emissionsfreien Elektro-Antriebe des Reiseflugzeugs von von Siemens geliefert werden. Sie leisten je 260 kW und bringen das Flugzeug rein elektrisch auf rund 240 Knoten Reisegeschwindigkeit. Nur durch Batterien gespeist, sollen Strecken von bis zu 650 Meilen (1045 Kilometer) auf einer Reiseflughöhe von rund 10'000 Fuss bewältigt werden. Neben dem Schubmotor im Heck sind zwei weitere Schubmotoren an den Flügelspitzen untergebracht. Die Anordnung soll unter anderem auch helfen, den induzierten Widerstand zu minimieren, was bei konventionellen Flugzeugen durch andere Massnahmen erreicht wird (Winglets, Wirbelkeulen etc.). Laut Eviation sind die stündlichen Flugkosten von «Alice» um mehr als 50 Prozent niedriger als bei den derzeit besten, mit Kraftstoff betriebenen Flugzeugen dieser Klasse. 

«Neue Ära der Luftfahrt»

Siemens entwickelt und fertigt E-Motoren in den Leistungsklassen von 60 kW bis 2 MW und höher und bedient inzwischen weltweit bedeutende Elektroflug-Projekte, vom einmotorigen Reiseflugzeug bis zum zukünftigen Airliner. Dr. Frank Anton, Leiter von eAircraft bei Siemens, sagte: «Wir glauben, dass wir uns in einer neuen Ära der Luftfahrt und der Mobilität befinden, in einer Ära, die von leistungsstarken elektrischen Antrieben, Automatisierung und Effizienz bestimmt wird. Deshalb ist Eviation der ideale Partner für uns.»

Konzernzentrale in den USA

Inzwischen hat Eviation Prescott (Arizon) für seine US-Konzernzentrale ausgewählt. Der Standort Prescott war aus verschiedenen Gründen für Eviation attraktiv. Einer davon war die lokale Präsenz der Embry-Riddle Aeronautical University. Und man rechnet mit den grössten Absatzchancen in den USA für die «Alice». «Wir bauen eines der wenigen elektrisch angetriebenen Flugzeuge, das unter den heute gültigen Regeln zertifiziert und betrieben werden kann», sagte Omer Bar-Yohay, CEO von Eviation vor einem Jahr gegenüber dem «Spiegel».