Die Streetscooter, auch als elektrische Postlieferautos bekannt, gelten mit über 9000 Exemplaren bereits als ein Grosserfolg. Inzwischen wurde die Jahreskapazität auf 20'000 Einheiten pro Jahr erhöht.

Ökologische Mobilität von morgen

Vom Ehrgeiz elektrisiert, möchte Leichtaviatik-Pilot Schuh nun aber mehr: Er gab die Initialzündung zur Entwicklung und Fertigung eines umweltfreundlichen Kleinflugzeuges für fünf Personen. Der Antrieb soll aus zwei hybridelektrischen Schubgondeln der MTU Aero Engines bestehen, die eigens in einer Tochtergesellschaft, der e.SAT Powertrain GmbH im Auftrag der e.SAT GmbH entwickelt werden. Details will MTU Aero Engines erst kommende Woche bekanntgeben.

«Vier Jahre Vorbereitung, zahlreiche Patentanmeldungen, mehrere strategische Kooperationen und die Gründung der e.SAT GmbH, als Hersteller von elektrohybriden Flugzeugen, führen zu der nächsten Aachener Erfindung für die umweltfreundliche Mobilität von morgen», so der offizielle Pressetext der e.SAT GmbH. Was aber steckt technologisch dahinter? Günther Schuh ist in erster Linie Stratege. Dies hat er mit dem Streetscoooter und auch seinen Nachfolgern e.Go Life bereits bewiesen. Zusammen mit der Fachhochschule Aachen hat er vor 100 hochrangigen Gästen aus Forschung, Politik, Verkehr und Industrie ein 1:5 Modell vorgestellt, welches auf den ersten Blick ein wenig futuristisch wirkte.

Kaum mehr hörbar

Über 50 Experten haben seit 2015 an der Realisierung des Konzeptes mitgewirkt, wobei der genialste Schachzug wohl war, MTU Aero Engines mit ins Boot zu holen. MTU ist Deutschland grösster Triebwerkshersteller mit internationalen Beteiligungen bei Programmen von GE, Pratt& Whitney, Rolls-Royce und IAE.

Der hybridelektrische Antriebsstrang dürfte denn auch der Schlüssel zu diesem Flugzeug werden, das extrem leise sein soll: Bereits in einer Distanz von 100 Metern soll es nicht mehr zu hören sein. Den Beweis dazu haben die Entwickler spätestens beim geplanten Erstflug im Jahr 2022 zu erbringen.

Stabiles Flugverhalten durch Box-Wing

Der aus zwei Schubgondeln bestehende, parallele hybrid-elektrische Antriebsstrang soll dem Air Taxi so viel Schub verleihen, dass es mit 400 Meter Startbahnen auskommen soll. Konventionelle Kleinflugzeuge dieser Grössenordnung benötigen eher längere Startstrecken und sind mit Kolbenmotoren von etwa 260 kW (350 PS) ausgestattet. Hier liegt nun die technische Raffinesse des Silent Air Taxis: Die Konfiguration ist nicht mehr mit konventionellen Auslegungen vergleichbar. Die Macher haben sich des Box-Wing-Konzeptes von Professor Dr. Ing. Ludwig Prandtl bedient. Der Münchner Aerodynamiker Prandtl hatte schon 1924 den Nachweis am ersten deutschen Windkanal in Göttingen erbracht, dass ein Box-Wing durch Weglassen des Leitwerks unter anderem ein besonders stabiles Flugverhalten aufweist.

In neuerer Zeit hat die Firma Dewald mit dem Ultraleichtflugzeug Sunny bewiesen, dass man mit einem solchen Flugzeugkonzept durchaus sehr sicher fliegen kann. Airbus, Boeing und viele andere Flugzeughersteller haben zumindest in ihren Entwürfen ebenfalls Box Wing-ähnliche Konzepte bereitliegen.

Das Silent Air Taxi soll dereinst 300 km/h Reisegeschwindigkeit und eine Reichweite von und 1000 Kilometer aufweisen.

Herausforderung Herstellungskosten

Fragezeichen werfen derweilen die Herstellungskosten auf. Es dürfte eine Herkules-Aufgabe werden, die Kosten bei der Fertigung für das Silent Air Taxi zu reduzieren. Es wird aber in erster Linie das Problem des zukünftigen Finanzchefs Professor Dr. Günther Schuh sein, mit Experten neue Fertigungstechnologien zu entwickeln, um die Kosten niedrig zu halten. Er soll auch die Produktion und Qualität sichern. Eine grosse Herausforderung, soll das Fluggerät wie vorgesehen bis 2024 zur Serienreife – einschliesslich Zulassung – gebracht werden.

Der Flugplatz Aachen-Merzbrück wird mit Hilfe der Landesregierung Nordrhein-Westfalen zum zweiten deutschen Forschungsflugplatz nach Braunschweig weiterentwickelt, um dort das Silent Air Taxi zur Serienreife entwickeln und produzieren zu können.