Die Ankunft der F-35A Lightning II am Abend des 31. Mai 2019 auf dem Militärflugplatz Payerne war eine Premiere für die Schweiz. Mit der Landung von vier Maschinen nahm der US-Hersteller Lockheed Martin als vierter und letzter Kandidat an der Flug- und Bodenerprobung für ein neues Kampfflugzeug als Ersatz der F/A-18 teil. Es war das erste Mal, dass sich Kampfflugzeuge der 5. Generation in der Schweiz aufhielten – aber nicht das letzte Mal, geht es nach dem Willen des Bundesrates: An der Sitzung vom 30. Juni 2021 hat er sich für die Anschaffung von 36 F-35A des amerikanischen Herstellers Lockheed Martin entschieden und wird nun dem Parlament die Beschaffung dieser Kampfflugzeuge beantragen.

Weltweit beachtetes Evaluationsverfahren

In einem weltweit beachteten Evaluationsverfahren unter der Leitung von Armasuisse hat sich der amerikanische Kampfjet F-35A gegen die beiden europäischen Widersacher Eurofighter (Airbus) und Rafale (Dassault) sowie gegen den F/A-18 Super Hornet von Boeing durchsetzen können. Ausschlaggebend waren die Wirksamkeit, der Produktesupport und die Kooperation. Ebenfalls überzeugte den Bundesrat das Kosten/Nutzenverhältnis des F-35. In der Wirksamkeit hat dieser Kandidat das beste Resultat durch seinen ausgeprägten technologischen Vorsprung gegenüber den anderen Kandidaten erreicht, so der Bundesrat. Darauf basierend verfüge der F-35A über neuartige, sehr leistungsfähige und umfassend vernetzte Systeme zum Schutz und Überwachung des Luftraums. Damit erreicht der F-35A die Informationsüberlegenheit und ermöglicht den Pilotinnen und Piloten besser als bei den anderen Kandidaten ein überlegenes Situationsbewusstsein in allen Aufgabenbereichen. Dies gilt insbesondere auch für den alltäglichen Luftpolizeidienst, so der Bundesrat weiter.

Stealth und Sensoren

Die Überlegenheit der F-35 erklärt Oberst Drew «Growler» Allen der US-Luftwaffe anlässlich der Präsentation 2019 wie folgt: «Natürlich ist die Stealth-Technologie ein Faktor, aber die «Sensor-Fusion» der F-35 ist beeindruckend. Sämtliche Sensoren im Flugzeug liefern dem Piloten automatisiert ein Lagebild mit sämtlichen Parametern im Einsatzraum, welches auch via Datenübermittlung mit anderen Verbänden ohne Sensor-Fusion geteilt werden kann.»

Weltweiter Support

Gerne unterstrich Lockheed-Martin auch die Vorzüge der «Global Support Solution» für das F-35 Programm. Aufgeteilt in drei Weltregionen mit je einer Produktionsanlage kann der technische Support in sämtlichen Bereichen jederzeit unkompliziert sichergestellt werden; für die Schweiz ist das sich in Italien befindende FACO-Werk (Final Assembly and Check Out) in Cameri für die zukünftige Zusammenarbeit auch in logistischer Hinsicht ein Vorteil.

Die Vorteile der F-35 liegen in der Zukunft 

Bisher wurden weltweit mehr als 655 Jets ausgeliefert. Bis 2022 dürften weltweit gegen 800 F-35 im Einsatz stehen. Auch für Europa sieht Lockheed Martin einen beachtlichen Markt, erwartet man mit den bestehenden und zukünftigen Partnern die Stationierung vom mehr als 500 F-35 alleine in Europa. Das gesamte Programm sieht weltweite Absatzchancen von mehr als 4000 Maschinen, was für die Produktionskosten sowie Modernisierungsprogramme bei der erwarteten Einsatzdauer von mindestens 40 Jahren von elementarer Bedeutung sein wird.

In Europa im Einsatz

Mehrere Länder in Europa besitzen und fliegen bereits den F-35, was noch mehr Möglichkeiten zur Kostenteilung und Partnerschaft bietet. Lockheed Martin zählt acht internationale Programmpartner, welche den F-35 auch betreiben: die USA, das Vereinigte Königreich, Italien, die Niederlande, Australien, Norwegen, Dänemark und Kanada. Zusätzlich beschafften und betreiben Stand heute sechs Länder den F-35: Israel, Japan, Südkorea, Polen, Belgien und Singapur. Nebst der Schweiz evaluiert derzeit auch Finnland den F-35 als möglichen neuen Kampfjet.

Günstigere Kosten

Die Kosten für einen F-35 sind mit zunehmender Anzahl produzierter Jets gesunken. Lockheed Martin spricht von weniger als 80 Millionen Dollar pro Jet im Jahr 2020, was die Anschaffungskosten für den Jet der 5. Generation vergleichbar mit denjenigen der 4. Generation macht. Seit 2015 seien auch die Betriebskosten pro Stunde um 44% gesunken. Ein weiterer Vorteil: F-35-Kunden teilen sich die Kosten für die Lieferkette, das Flug- und Wartungstraining und den integrierten Betrieb, was laut Lockheed Martin zu erheblichen Einsparungen für die Betreiber führt.

Eurofighter will Partnerschaft mit der Schweiz aufrechterhalten

In einem ersten Statement sagt Florian Taitsch, Mediensprecher von Airbus Defence: «Wir haben den Typenentscheid des Bundesrats zur Kenntnis genommen und werden, sobald wir vom VBS detaillierte Informationen erhalten, die Gründe für den Entscheid intensiv analysieren.» Die Eurofighter-Offerte sei massgeschneidert für die Schweiz, mit einem Flugzeug, das für den Luftpolizeidienst ideal geeignet sei und einem glaubwürdigen wirtschaftlichen Angebot, das als einziges eine vollwertige Endmontage der Flugzeuge in der Schweiz vorsieht. «Airbus ist seit langem Partner der Schweiz und wir werden diese Partnerschaft auch nach dieser Bundesratsentscheidung aufrechterhalten. Wir werden den weiteren politischen Prozess eng verfolgen. Unsere Offerte und Gesprächsbereitschaft besteht weiterhin», betont Taitsch. Ähnlich äussert sich auch die Deutsche Botschaft in Bern.

SP, Grüne und GSOA drohen mit Volksinitiative

Der Entscheid des Bundesrats wird intensive politische Diskussionen auslösen. Bereits wurde von linker und grüner Seite eine Volksinitiative angedroht, um den amerikanischen Kampfjet zu verhindern. Ein Risiko für das Beschaffungsgeschäft? Ständerat Thierry Burkart hielt in einem Interview mit Radio DRS dagegen: «Risikoreich wäre es, wenn man ein Flugzeug auswählen würde, das nach der Evaluation technisch und preislich nicht an erster Stelle steht. Man würde ja zu einem höheren Preis ein schlechteres Produkt erhalten. Das wäre politisch schwer begründbar.»