Die Botschaft an der heutigen Medienkonferenz des Bundesrats war unmissverständlich: Die Schweiz braucht neue Kampfjets. Denn, so betonte Armeechef Thomas Süssli: Die Armee muss die Bevölkerung vor Bedrohungen aus der Luft schützen.

Mindestens 32 neue Kampfjets sind nötig

«Wir wissen, welche Mittel wir dazu brauchen. Zu diesen Mitteln gehören auch Kampfflugzeuge», sagte Thomas Süssli. Mindestens 32 an der Zahl seien nötig, um die Luftraumüberwachung sowie den Luftpolizeieinsatz rund um die Uhr und über mehrere Wochen sicherstellen und die Druchhaltefähigkeit gewährleisten zu können. Denn: «4 Flugzeuge sind im Einsatz, 4 machen sich für die Ablösung bereit, 4 zurückgekehrte Jets werden kontrolliert und gewartet und 4 stehen als Einsatzreserve bereit.»

Ein Teil der gesamten Flotte, nämlich die anderen 16 Maschinen, müsse gleichzeitig gewartet oder repariert werden, weitere werden für die Ausbildung und das Training der Piloten eingesetzt. Dies erkläre den Gesamtbedarf von mindestens 32 Kampfjets. Phasen von Konflikten können plötzlich entstehen, erinnerte Süssli. Bei einer Pandemie könne man Masken beschaffen – Kampfflugzeuge im Konfliktfall aber nicht.

Beschaffung muss jetzt an die Hand genommen werden

Die Beschaffung von Kamfflugzeugen sei komplex, sagte Bundesrätin Viola Amherd. «Deshalb muss die Erneuerung der Luftwaffe rechtzeitig an die Hand genommen werden – das heisst jetzt, damit die Bevölkerung auch ab 2030 noch vor Angriffen aus der Luft geschützt ist.» Die heutigen Flugzeuge seien  technisch veraltet und an ihrem Nutzungsende angelangt.

Kampfjet-Pilotin Fanny «Shotty» Chollet führte zudem aus, dass die heutige Flotte weder für einen Ernstfall noch für das Training geeignet sei. Wichtig sei ein grundsätzlicher Entscheid für einen Kampfjet, da weder Drohnen noch Trainingjets für die Aufgaben der Luftwaffe tauglich seien.

Air2030 – Der Schutz des Schweizer Luftraums

Für ihre Sicherheit will die Schweiz ihren Luftraum überwachen, schützen und im Fall eines Angriffs verteidigen. Als neutraler Staat will sie dafür so wenig wie möglich von anderen Staaten oder Organisation abhängig sein. Zum Schutz und zur Verteidigung des Luftraums ist eine Kombination aus Kampfflugzeugen und bodengestützter Luftverteidigung notwendig. Die heutigen Kampfflugzeuge und bodengestützte Luftverteidigung kurzer Reichweite sind veraltet oder werden es bald sein. Eine bodengestützte Luftverteidigung grösserer Reichweite ist nicht vorhanden.

Zu Kampfflugzeugen und bodengestützter Luftverteidigung gibt es auch in Zukunft keine tauglichen Alternativen: Drohnen, Helikopter und leichte Kampfflugzeuge fliegen zu langsam und zu wenig hoch.
Die neuen Kampfflugzeuge und bodengestützte Luftverteidigung grösserer Reichweite werden aus dem Armeebudget bezahlt. Sie sind eine Investition für mindestens 30 Jahre.

Entscheide Bundesrat und Parlament

Am 20. Dezember 2019 hat das Parlament den Planungsbeschluss über die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge verabschiedet. Abstimmungsergebnisse: Nationalrat, 123 gegen 68 Stimmen bei 5 Enthaltungen; Ständerat, 33 gegen 10 Stimmen bei 1 Enthaltung.
Der Planungsbeschluss legt fest:

  • Bis 2030 sollen neue Kampfflugzeuge für maximal 6 Milliarden Franken beschafft werden.
  • Ausländische Unternehmen, die im Rahmen der Beschaffung Aufträge erhalten, müssen 60 Prozent des Vertragswertes durch die Vergabe von Aufträgen in der Schweiz (Offsets) kompensieren.
  • Der Beschluss untersteht dem fakultativen Referendum.

Weiteres Vorgehen

Die Referendumsabstimmung ist für den 27. September 2020 vorgesehen. 2021 steht dann die Typenwahl für neue Kampfflugzeuge und für ein neues System der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite an. Im laufenden Evaluationsverfahren sind die Flugzeugtypen Eurofighter (Airbus, Deutschland), F/A-18 Super Hornet (Boeing, USA), Rafale (Dassault, Frankreich), F-35A (Lockheed-Martin, USA) sowie die Systeme der bodengestützten Luftverteidigung SAMP/T (Eurosam, Frankreich) und Patriot (Raytheon, USA).

Auch wenn das Volk bei einer allfälligen Abstimmung dem Planungsbeschluss für neue Kampfflugzeuge zustimmt, wird der Bundesrat die konkrete Beschaffung von Flugzeugen dem Parlament vorlegen. Dies ist mit der Armeebotschaft 2022 vorgesehen.
Das neue System zur bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite soll für maximal 2 Milliarden Franken gemäss dem üblichen Verfahren beschafft werden.

Die Auslieferung neuer Kampfflugzeuge und eines Systems der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite erfolgt voraussichtlich ab 2025 bis 2030.

Hinweis: Lesen Sie in der gedruckten «Cockpit»-Ausgabe 7/20 (erscheint ab dem 10. Juli) den Gastbeitrag von Ständreat Thierry Burkart, Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission, Präsident Verein für eine sichere Schweiz und Kampagnenleiter Air2030