Wasserstoff hat in seinem gasförmigen Zustand ein enorm grosses Volumen, was ihn leichter als Luft in der Atmosphäre macht. Wird er durch Kompression verdichtet, kann er verflüssigt werden. Der Nachteil: er muss in bis zu 700 bar hochdruckdichten Tanks befüllt werden. Um den Wasserstoff überhaupt verflüssigen zu können, ist eine Verdichtung auf 950 bar erforderlich. Ein aufwändiges Prozedere, mit dem sich zurzeit nicht nur die Kraftfahrzeug-Industrie herumschlägt, sondern zunehmend auch die Luftfahrtindustrie, für die der Einsatz des Wasserstoffs als Energieträger zum Betreiben von Brennstoffzellen oder zur Direktverbrennung ideal wäre.

Bislang nur stationäre Speicherung möglich

Schon länger bekannt ist die Einlagerung von Wasserstoff in Metallpulver. Metalle wie Titan oder Magnesium gehen mit dem Wasserstoff eine Verbindung ein, das ist das Metallhydrid. Das in Pellets gepresste Metallpulver nimmt den Wasserstoff wie ein Schwamm auf und gibt ihn nach Bedarf wieder ab. Die Pellets werden so konfektioniert, dass diese in 40 bar-Tanks untergebracht werden müssen. Die Wasserstoffatome werden in eine Art Metallgitter eingebaut. Die Reaktion mit dem Metall ist exotherm, das heisst, es wird Wärme frei. Damit der Wasserstoff wieder kontrolliert freigegeben wird, muss abermals entsprechend Wärme zugeführt werden.

Bis jetzt wurden nur stationäre Speicherungen damit unternommen. Der Nachteil: selbst beim leichten Magnesium wird der Wasserstoff erst bei einer Temperatur von 300 Grad Celsius frei.

Einlagerung von H2 in einer Flüssigkeit

An deutschen Hochschulen und Forschungsanstalten reifen aber derzeit drei andere Entwicklungen, die eine Abkehr von den Hochdrucktanks ermöglichen würden. Auf Cockpit-Online wurden bereits einige Varianten vorgestellt, unter anderem die sogenannte Powerpaste.

Die Einlagerung von H2 in einer Flüssigkeit befindet sich bereits in einer vorindustriellen Phase mit einer ersten Grossanlage, die ab 2021 jährlich 1800 Tonnen Wasserstoff in Dormagen (Nordrhein-Westfalen) produzieren kann. Seine Erfinder: die Erlanger Firma Hydrogenious. LOHC steht für Liquid Organic Hydrogen Carriers, übersetzt: flüssige organische Wasserstoff-Träger. Dazu nimmt man den Wasserstoff und bindet ihn chemisch an diese Trägerflüssigkeit. Und diese Trägerflüssigkeit ist ein Öl. Dies kann wie jedes andere Öl gelagert und transportiert werden. Wie in Akkus kann dem LOHC der Wasserstoff durch Wärme zuvor entnommen werden. Nach Angaben des Herstellers können dabei die gleichen Treibstofftanks wie für konventionellen Treibstoff verwendet werden. Der Lade- und Entladevorgang kann mehrfach wiederholt werden, bis das Öl komplett ausgetauscht werden muss. Ein grosser Nachteil: der Energieaufwand zur Erzeugung der Prozesswärme ist sehr hoch.

Energie aus der Tube

Eine vollkommen andere Art, um Wasserstoff einzulagern, wurde an dem Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM in Dresden entwickelt. Die dort entwickelte Powerpaste, die als Katalysator Wasser benötigt, kann selbst sommerliche Hitze wegstecken. Erst bei 250 Grad Celsius würde sich die Paste auflösen. Nur die Hälfte des Wasserstoffs stammt aus der Powerpaste, die andere Hälfe liefert das Wasser dazu. Die Energiespeicherdichte ist wesentlich höher als bei einem 700 bar-Drucktank. Verglichen mit Batterien hat sie sogar die zehnfache Energiespeicherdichte. Diese Entwicklung steckt allerdings noch in den Kinderschuhen. Der Vorteil dieser beiden Systeme ist, dass sich der Wasserstoff grundsätzlich in drucklosen Tanks aufbewahren bzw. betanken lässt.

Abkühlung reduziert den Druck

Eine dritte und nun ebenfalls sehr chancenreiche Möglichkeit, den Wasserstoff aufzubewahren, besteht darin, ihn auf -253 Grad Celsius hinunter zu kühlen. Bei dieser niedrigen Temperatur reichen druckfeste Tanks mit nur 7 bis 8 bar aus. Daran forschen auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Universität der Bundeswehr München. Professor Tobias Dickhut von der Abteilung für Verbundwerkstoffe und Technische Mechanik am Institut Aeronautical Engineering arbeitet an der Entwicklung und Qualifikation von kryogenen Niederdruck-Wasserstofftanks aus Faser-Kunststoff-Verbunden.

Das Verbundvorhaben CryoFuselage in Kooperation mit der Universität Bayreuth hat das Entwicklungsziel, kryogene Niederdruck-Wasserstofftanks aus Faser-Kunststoff-Verbunden zu entwickeln und als strukturlasttragende Komponente in die Flugzeug-Rumpfstruktur von elektrifizierten bemannten und unbemannten Flugzeugkonzepten zu integrieren. Im Rahmen von Qualitätssicherung und Flugsicherheit sollen die Tanks darüber hinaus durch die Einbettung von Sensoren die Prozess-, Schadens- und Füllstandsüberwachung für diese elektrifizierten Flugzeugkonzepte ermöglichen. Die Motivation der Forschung ist die effiziente Gestaltung der Speicherung von Wasserstoff und die funktionale Nutzung eines Wasserstofftanks integriert in die Struktur des Luftfahrzeugs. Ziel ist es, mittelfristig eine energieeffiziente und umweltschonendere Antriebsmethode bereit zu stellen.

Durch die Gewichtsreduzierung von leichteren Tanks wird zukünftig weniger Antriebsenergie verbraucht und somit eine Erhöhung der Nutzlast und der Reichweite ermöglicht.

«Erheblicher Beitrag, um Klimaziele zu erreichen»

«Die Entwicklung von leichtbaugerechten Speichermöglichkeiten für Wasserstoff leistet einen erheblichen Beitrag zur klimaneutralen Mobilität und hilft, die geforderten Klimaziele zu erreichen», erläutert Prof. Dickhut. Einen Wasserstofftank, der Strukturlasten des Flugzeugs aufnimmt und alle Kriterien der Dichtigkeit erfüllt, gibt es noch nicht. Anstatt 700 bar in einem herkömmlichen Wasserstofftank sollen im künftigen Wasserstofftanks für Flugzeuge nur rund 8 bar Druck herrschen. Dieser verminderte Druck wird durch Kühlen des Wasserstoffs auf -253 Grad Celsius erreicht. Diese Tieftemperaturen stellen höchste Ansprüche an das Material und die Isolation des Tanks. Ziel ist, die richtigen Materialien und Materialkombinationen zu finden und zu testen.

Vorstellbar sind Integral-Tanks, die gleichzeitig die Funktion tragender Holme übernehmen. Das setzt komplette Faserverbund-Strukturen voraus, die im Umkehrschluss zu einem niedrigeren Gewicht der gesamten Struktur führen. Das Projekt läuft seit dem 01. Januar 2021 und ist für eine Dauer von zweieinhalb Jahren geplant. Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie fördert das Projekt. Kooperationspartner ist der Lehrstuhl für Polymere Werkstoffe an der Universität Bayreuth.

Die Ergebnisse sind allerdings auch noch von anderen Faktoren abhängig. Vordinglich sind perfekte Isolationen der Tanks, in denen auch über längere Zeit die Fülltemperaturen von -253 Grad Celsius konstant gehalten werden müssen sowie die Sicherheitseinrichtungen in Form von Spezialventilen, die den Wasserstoff beim Anstieg der Temperaturen sicher entweichen lässt.