Den Grundstein für die Entwicklung des Eurofighter legten Deutschland, Grossbritannien, Italien und Spanien im ­November vor 30 Jahren. Den Bedarf für ein Jagdflugzeug der nächsten Generation hatten sie jedoch bereits zehn Jahre früher signalisiert. Deutschland, Grossbritannien und Italien schlossen sich damals für die gemeinsame Entwicklung eines europäischen Jagdbombers, den Panavia Tornado, zusammen. Gemeinsam mit Frankreich wollten Deutschland und Grossbritannien nun einen Hochleistungsjet für die Luftraumüberwachung bauen. Aus dieser Zeit stammen einige Entwürfe wie das taktische Kampflugzeug 90 (TKF-90) in Deutschland, der European Combat Fighter (ECF) in Grossbritannien oder das Future European Fighter Aircraft (FEFA) von Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien und Spanien. Die weiterführenden Studien des FEFA führten zum Agile Combat Aircraft (ACA). Die fünf Entwicklerländer konnten sich anfänglich nicht auf eine gemeinsame Konfiguration einigen, was schliesslich im Austritt Frankreichs aus dem Projekt und in der französischen Eigenentwicklung des Mehrzweckkampfflugzeugs Dassault Rafale gipfelte.

Zusammenarbeit

Aufgrund der guten Erfahrungen mit dem Panavia Tornado gründeten die vier verbleibenden Partnernationen 1987 die heutige «NATO Eurofighter und Tornado Management Agency» (NETMA). Die Industrien der vier Länder schlossen sich für die Entwicklung des Flugzeugs in der Eurofighter GmbH (Airbus Defence & Space, BAE Systems, Leonardo) und das Triebwerk in der Eurojet GmbH (MTU Aero Engines, Rolls-Royce, ITP, Avio Aero) zusammen.

Arbeitsteilung

Vor genau zwanzig Jahren unterzeichneten die vier Länder den sogenannten «Umbrella Contract» für den Bau von 620 ­Eurofighter in drei Tranchen. Die prozentuale Arbeitsteilung für die Fertigung der Flugzeug- und Triebwerkkomponenten berechneten sie anhand der Bestellungen. Die nationalen Industriepartner erhielten die Verantwortung für die Entwicklung, Erprobung und den Bau einzelner Komponenten. So ist zum Beispiel Airbus Defence & Space Deutschland unter anderem für das Rumpfmittelteil mit der Hydraulik zuständig. Für die Endmontage der Flugzeuge ist dann jedes Land selber verantwortlich.

Gute Aussichten

Die Eurofighter der zwei ersten Tranchen mit 133 (ursprünglich 148) und 227 (236) sind nun ausgeliefert. Aufgrund neuer Einschätzungen der Bedrohungslage und dem damit geringeren Bedarf an Flugzeugen einigten sich die vier Regierungen schliesslich darauf, die dritte Tranche aufzuteilen. Die Tranche 3A sollte 112 ­Flugzeuge umfassen, die Tranche 3B deren 124. Bislang wurden nur die Jets der Tranche 3A bestellt. Der aktuelle Auftragsbestand, inklusive Export, reicht damit noch bis Mitte der 2020er-Jahre. Zurzeit wird der Typhoon unter anderem in Belgien (34 Flugzeuge), Finnland (48) und Kanada (88) angeboten. Interessant ist, dass in Finnland und Kanada wie in der Schweiz ein Ersatz für die ­F/A-18 Hornet gesucht wird. Vor kurzem hat zudem Leonardo Bulgarien ein Angebot für acht gebrauchte Eurofighter aus Beständen der italienischen Luftwaffe unterbreitet. Saudi-Arabien verhandelt ­aktuell über den Kauf weiterer 48 Eurofighter. In Spanien steht demnächst die Ersatzbeschaffung für die heute 84 F/A-18 Hornet an. Und in Deutschland stehen die Chancen gut, dass sich die ­Regierung für den Eurofighter als Ersatz der Tornado-Flotte entscheidet. Die deutsche Luftwaffe setzt heute 85 Panavia Tornado als Jagdbomber, für die Aufklärung und die elektronische Kriegsführung ein. Gleichzeitig sollen 34 Eurofighter der ersten Tranche ersetzt werden. Deutschland hat somit ab 2025 einen Bedarf von rund 100 Flugzeugen. Dies ist insofern bemerkenswert, als damit Deutschland und die Schweiz den Eurofighter in einem gemeinsamen Los bestellen könnten. Das Eurofighter-Angebot für die Schweiz wird unter der Federführung der Deutschen Bundesregierung erstellt. Für die Lieferung möglicher Schweizer Eurofighter wäre Airbus Defence & Space Deutschland zuständig. Die Endmontage würde in Manching erfolgen.

Unvergleichbar

Im November vor genau zehn Jahren fand die Flugerprobung des Eurofighter im Rahmen der Evaluation «Tiger Teilersatz» (TTE) in der Schweiz statt. Die damals erprobten Zweisitzer sind jedoch nicht mehr mit dem heutigen Eurofighter vergleichbar. Ein Doppel­sitzer war eine Vorserienmaschine (IPA3 – Instrumented Production Aircraft), während es sich beim Zweiten um das letzte ausgelieferte Serienflugzeug der Tranche 1 handelte. Dieser Eurofighter Block 5 (GT015 – German Trainer) war acht Monate vorher an die Deutsche Luftwaffe ausgeliefert worden. Die Flugzeuge der Tranche 1 verfügten damals lediglich über eine begrenzte Rechenleistung. Sie wiesen Basisfähigkeiten für die Luftverteidigung und beschränkte Mehrzweckfähigkeiten (Swing-Role) auf. Unverändert sind jedoch die guten Flugeigenschaften, die hervorragenden Triebwerkleistungen und das sehr gute Schub-Gewichtsverhältnis des Eurofighter.

Multifunktional

Heute ist der Eurofighter der aktuellen Tranche 3, Block 25 (Softwarestandard P3E – Phase 3 Enhancement) «State of the Art». Bei ­einer Bestellung würde die Schweiz sowieso Flugzeuge mit dem zum Auslieferungszeitpunkt modernsten Stand erhalten. Herzstück des Eurofighter wird das E-Scan Radar «CAPTOR-E». Dieses aktive elektronische Radar (AESA) ist nicht wie üblich starr, ­sondern beweglich montiert und hat damit einen erweiterten Blickwinkel. Zusammen mit dem seitlich vor der Cockpithaube montierten passiven Sensor «PIRATE» und dem Selbstschutzsystem «DASS» (Defensive Aids Sub-System) verfügt der Eurofighter auch in modernen elektronischen Luftkampfszenarien über gute Erfolgs- und Überlebenschancen. Dem Piloten des Typhoon stehen eine gros­se Anzahl hochmoderner Präzisionswaffen zur Verfügung. Diese können je nach Einsatzszenario variabel mitgeführt und eingesetzt werden (Swing-Role).

Bewährt

Bis heute haben die Eurofighter der sechs Betreiberländer über 400 000 Flugstunden absolviert. Sie verfügen gemäss dem Anbieter über die niedrigste Ausfallrate aller modernen Kampfflugzeuge und erreichten in Einsätzen im Baltikum und im Nahen Osten eine Missions-Verfügbarkeit von 97 bis 99,4 Prozent.

Technische Daten

Name

Eurofighter Typhoon

Hersteller

Eurofighter GmbH

Besatzung

1 oder 2

Triebwerk

2 x Eurojet EJ200

Schub

2 x 60 kN

(2 x 90 kN mit Nachbrenner)

Länge

15,96 m

Spannweite

10,95 m (11,09 m mit DASS)

Höhe

5,28 m

Max. Geschw.

Mach 2.0+ (Überschall auf -allen Flughöhen)

Dienstgipfelhöhe

16 800 m (55 000 Fuss*)

Einsatzleermasse

11 764 kg

Max. Zuladung (extern)

7500 kg

Max. Startmasse

23 500 kg

Startstrecke

550 m

Landestrecke

650 m (mit Bremsschirm)

Reichweite (mit 3 Zusatztanks)

1500 km (2600 km)

Lastvielfache

+ 9g / - 3g

Max. Anstellwinkel
(Angle of Attack)

30°

Bewaffnung

1 interne Kanone Mauser BK27, 13 Aussenlaststationen für Lenkwaffen Luft-Luft/Luft-Boden (IRIS-T, ASRAAM, Brimstone, Storm Shadow, Meteor, Paveway), Aufklärungspod, Laser Designator Pod und Treibstofftanks.

Drei Fragen an den Testpiloten
Der Schwei­­zer Geri Krähenbühl (55) ist Cheftestpilot bei Airbus Defence & Space Deutschland. Als ehemaliger Berufspilot der Schweizer Beschaffungsbehörde ­Armasuisse und Testpilot bei der F/A-18-Einführung kennt er die Bedürfnisse der Schweiz für den Ersatz der F/A-18C/D ­Hornet bestens.

«Cockpit»: Was macht den heutigen Eurofighter gegenüber dem 2008 evaluierten besser?
Geri Krähenbühl: Der Eurofighter ist «erwachsen» geworden und besitzt nun echte Swing-Role-­Fähigkeiten, die 2008 nicht vorhanden waren. Damit hat er auch ein grösseres Arsenal an Waffen erhalten, wie Meteor, Storm Shadow, Brimstone, Paveway IV, EGBU-16 und weitere. Aus der Sicht der Avionik ist das E-Scan-Radar eine absolute Neuheit. Da es nicht starr eingebaut ist, sondern beweglich auf einem Repositioner läuft, verfügt es gegenüber herkömmlichen E-Scan Radars über einen beträchtlich grösseren Blickwinkel. Aus Pilotensicht lässt sich zudem sagen, dass die Cockpit-Displays aufgeräumter sind.

Warum wäre der Eurofighter das ideale Flugzeug für die Schweiz?
Wir Schweizer wollen in erster Linie unseren Luftraum schützen. Dafür ist der Eurofighter einfach das beste Flugzeug. Seine Flugleistungen und Systeme garantieren ein schnelles Erkennen und Abfangen von eindringenden Flugzeugen während des Luftpolizeidienstes. Fünf europäische Nachbarn ­setzen den Eurofighter ebenfalls ein, was im ­Betrieb und für die Weiterentwicklung grosse ­Synergien schafft. Ausserdem wichtig: Der Eurofighter hat keine Softwarerestriktionen. Das heisst: Alle Nationen erhalten den gleichen Standard.

Was zeichnet den Eurofighter gegenüber seinen Konkurrenten aus?
Zunächst die grosse Anzahl gebauter Flugzeuge. Dann die strukturelle Auslegung, die in Zukunft nicht geändert werden muss und grosse Ausbaumöglichkeiten garantiert. Ausserdem die starken Triebwerke, die gerade bei der Tektonik der Schweiz hilfreich sind. Der Eurofighter ist einsatz­erprobt sowohl bei Luftraumüberwachungsaufgaben im Rahmen der NATO als auch bei Kriegs- und Krisenmissionen weltweit. Dabei ist er äusserst zuverlässig, was die hohe Rate von unfallfreien Flugstunden beweist.
Interview: Walter Hodel

«Cockpit» berichtet im Rahmen einer Beitragsserie zum Neuen Kampfflugzeug (NKF) über den Beschaffungsablauf und stellt in loser Folge die in Frage kommenden Flugzeugtypen vor.