Nach wie vor sind Überschallflüge, insbesondere durch den Knall beim Durchbrechen der Schallmauer, sehr laut. Passagierflugzeuge wie z.B. früher die Concorde durften daher nur über dem Meer in den Überschallflug übergehen.

Ein neues Verfahren der NASA könnte nun aber den Weg zu leiseren Überschall-Verkehrsflugzeugen ebnen. Mit Hilfe des Schlieren-Effekt-Verfahrens hat es die NASA beim Projekt AirBOS geschafft, die Druckwellen bei Überschallflügen in bisher nicht gekannter Genauigkeit fotografisch festzuhalten. Hierfür wird der im Jahr 1864 vom deutschen Physiker August Toepler entdeckte Schlieren-Effekt vom Armstrong Flight Research Center über einen längeren Zeitraum erforscht. Spezielle Verfahren der Bildbearbeitung waren letztlich der Schlüssel für eine signifikant verbesserte Schlierenfotografie und damit auch für eine klare Darstellung der Druckwelle.

Schlieren-Effekt mit Hilfe von T-38 Überschall-Trainern sichtbar gemacht

Die ersten Aufnahmen begannen bereits im Jahr 2011. Nach anfänglichen Versuchsflügen flogen nun zwei T-38 Überschall-Trainer in Formation (mit einem Abstand von nur 30 Metern) unter einer Beechcraft King Air B-200 der NASA durch. Für die Aufnahmen wurde eine Hochgeschwindigkeitskamera mit 109 Bildern pro Sekunde eingesetzt.

Die Schlieren-Fotografie wird bei Windkanal-Tests schon länger eingesetzt. Dort eignet sich die Methode «Background-Oriented Schlieren» (BOS) sehr gut zur Visualisierung des Schlieren-Effektes. Das hierfür erforderliche per Zufallsverfahren erzeugte Punktmuster lässt sich allerdings nur unter Laborbedingungen erzeugen. Das Ziel der NASA bestand darin, das Verfahren auch im Luftraum nutzbar zu machen. Es handelt sich also um eine Weiterentwicklung von BOS, woraus sich der Projektname AirBOS ergab.

Exaktes Timing war Matchentscheidend

Eine der grössten Herausforderungen der Flugserie war das exakte Timing. Um dieses ursprünglich monochromatische Bild zu erhalten, das hier als eingefärbtes, zusammengesetztes Bild gezeigt wird, flog die NASA den B-200 mit einem aktualisierten Bildgebungssystem auf etwa 30'000 Fuss, während das T-38-Paar in exakt Formation bleiben und genau in dem Moment in die Überschallgeschwindigkeit übergehen musste, als es den B-200 unterflog.

Die Bilder sind das Ergebnis jenes Moments, als sich alle drei Flugzeuge zur richtigen Zeit am richtigen Ort befanden – beides vom Operationsteam der NASA festgelegt.

«Ich bin begeistert, wie diese Bilder entstanden sind», sagte Physikalischer Wissenschaftler J.T. Heineck vom Ames Research Center der NASA im kalifornischen Mountain View. «Mit diesem aufgerüsteten System haben wir die Geschwindigkeit und Qualität unserer Bilddaten aus früheren Untersuchungen um Welten verbessert.»

Nur noch ein leises Geräusch anstelle des lauten Knalls

Die Bilder zeigen Stosswellen, die von den Flugzeugen beim Überschallknall erzeugt werden und verantwortlich sind für den lauten Knall, der auch auf der Erde deutlich wahrgenommen wird. Die aus den Versuchen gesammelten Daten werden dazu eingesetzt, das Design der Lockheed Martin X-59 «Quiet SuperSonic Technology X-plane» zu optimieren. Die X-59 QueSST (Quiet Supersonic Transport) ist ein im Auftrag der NASA im Bau befindlicher Technologieerprobungsträger zur Entwicklung eines leisen, überschallschnellen Passagierflugzeugs.

Der Projektfahrplan sieht einen Erstflug der X-59 im Jahr 2021 vor. Das Flugzeug soll dafür genutzt werden, die Akzeptanz eines leisen Überschallknalls zu erforschen, damit möglicherweise auch das bisherige Verbot von Überschallflügen über Land aufgehoben werden kann.

Das Experimentalflugzeug X-59 ist dafür ausgelegt, in 55'000 Fuss (16'764 Meter) Reisflughöhe mit einer Geschwindigkeit von 1500 km/h zu fliegen. Der am Boden wahrnehmbare Überschallknall der X-59 soll nicht lauter sein als das Schliessen einer Autotür.